Türkisches Gericht ordnet Sperrung oppositioneller Webseiten an
Das Wichtigste in Kürze
- In der Türkei wurde die Sperrung von über 130 Webseiten angeordnet.
- Eine Nachrichtenseite hat nun Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt.
- Unter den gesperrten Seiten befinden sich auch Konten von oppositionellen Politikern.
Ein türkisches Gericht hat einem Medienbericht zufolge die Sperrung von mehr als 130 Internetseiten angeordnet. Betroffen sind unter anderen Twitter- und Instagram-Konten sowie Facebook-Seiten von oppositionellen Politikern, Künstlern und Medien.
Die Entscheidung war demnach auf Antrag der Gendarmerie-Hauptdirektion schon Mitte Juli gefallen. Die Gendarmerie ist in der Türkei eine paramilitärische Organisation.
Die grosse oppositionelle Nachrichtenwebseite Bianet, die ebenfalls gesperrt werden soll, hatte das Gerichtsdokument am Dienstag veröffentlicht. Die aufgelisteten Seiten waren zunächst noch zugänglich. Bianet hat Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt.
Berichte über Prozesse
Betroffen sind ausserdem beispielsweise eine Abgeordnete der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Oya Ersoy. Auch die linke Band Grup Yorum, die sich als «revolutionär» bezeichnet soll gesperrt werden. Auch betroffen sind Webseiten im Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013.
Die 1997 in Istanbul gegründete Website Bianet ist für ihre Artikel zu Menschenrechten und Gewalt gegen Frauen bekannt. Ausserdem berichtet sie ausführlich über Prozesse in Verbindung mit freier Meinungsäusserung.
Bianets Anwältin Meric Eyboglu sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Gerichtsentscheidung sei nicht an das Portal weitergeleitet worden. Die Macher hätten nur durch Zufall davon erfahren.
Die Entscheidung umfasse die gesamte Website. Diese werde komplett gesperrt sein. Mehr als 200'000 Artikel würden verloren gehen.
Auch Netflix könnte bald zensiert werden
Grundlage der Sperrungen ist das umstrittene Internetgesetz 5651. Das Gericht berief sich in der Entscheidung unter anderem auf den Schutz des öffentlichen Lebens. Zudem auf den Schutz der nationalen Sicherheit und des Präsidenten.
Zusätzlich hat die Regierung vergangene Woche eine neue Regelung zur Kontrolle von Internet-Plattformen eingeführt, die Filme, Videos oder Radioinhalte verbreiten. Damit können nationale und internationale digitale Medien, aber auch Inhalte auf Plattformen wie Netflix bald zensiert werden.