Trotz heftiger Proteste hat das türkische Parlament eine Gesetzesänderung verabschiedet, die unter bestimmten Bedingungen die Tötung von Strassenhunden erlaubt.
Das türkische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz zum Umgang mit Strassenhunden verabschiedet. (Foto Archiv)
Das türkische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz zum Umgang mit Strassenhunden verabschiedet. (Archivbild) - Mirjam Schmitt/dpa

Trotz heftiger Proteste hat das türkische Parlament eine Gesetzesänderung beschlossen, mit der die Tötung von Strassenhunden in bestimmten Fällen ermöglicht wird. Die Abgeordneten in der Hauptstadt Ankara stimmten mehrheitlich für die Änderung des Tierschutzgesetzes. Dies berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Demnach werden die Kommunen dazu verpflichtet, Strassenhunde einzufangen und in Tierheime unterzubringen. Sie sollen, wenn möglich, an Besitzer vermittelt werden. Hunde, die als krank oder aggressiv eingestuft oder eine «Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier» darstellen, können eingeschläfert werden.

Veterinäre sollen darüber entscheiden. Angesichts der unzureichenden Tierheim-Infrastruktur in der Türkei und der teils katastrophalen Zustände in den Einrichtungen fürchten Tierschützer in der Praxis eine Massentötung der Tiere. Aktivisten hatten wochenlang gegen das Vorhaben protestiert.

Tierschützer fürchten Tötung auch gesunder Tiere

Nach Angaben der Regierung gibt es in der Türkei schätzungsweise rund vier Millionen Strassenhunde, aber nur rund 100'000 Tierheimplätze. Bis Ende 2028, so sieht es die Änderung ebenfalls vor, sollen die Kommunen dafür sorgen, dass genug Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden. Falls dies versäumt wird, drohen Gefängnisstrafen von bis zu zwei Jahren.

Die stellvertretende Vorsitzende der Tierschutzorganisation Haytap, Senem Demirel Acar, befürchtet, das Gesetz werde zu Chaos führen. Um genügend Tierheime zu schaffen, seien vier Jahre vorgesehen, die Hunde sollten aber sofort eingesammelt werden. Sie gehe deshalb davon aus, dass auch gesunde Tiere sofort getötet werden, sagte Acar der Deutschen Presse-Agentur.

Erdogan: Betrifft «Sicherheit des Volkes»

Die islamisch-konservative Regierung begründet die Massnahme unter anderem damit, dass immer wieder Menschen von Strassenhunden angefallen werden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte gesagt, es gehe um die «Sicherheit des Volkes». Bislang war das Töten von Strassentieren verboten.

Es war zudem vorgesehen, die Population von Strassentieren durch Kastrierung, Impfung und erneuter Aussetzung in das Herkunftsgebiet zu senken. Die grösste Oppositionspartei CHP wollte an der Regelung festhalten und diese konsequent umsetzen. Oppositionsführer Özgür Özel kündigte an, vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

Er erklärte zudem, dass die Kommunen, die von seiner Partei geführt werden, das Gesetz nicht umsetzen werden. Die CHP hatte bei den Kommunalwahlen Ende März die meisten Bürgermeisterposten im Land gewonnen. Kritiker sehen in der Diskussion über die Strassenhunde auch eine politische Komponente und den Versuch Erdogans, das Land weiter zu polarisieren und den von der Opposition geführten Kommunen das Leben schwer zu machen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Recep Tayyip ErdoganOppositionRegierungParlamentGesetz