TV-Zeugenaufruf zum Fall «Maddie» bringt keine neuen Hinweise
Aufgrund neuer Erkenntnisse wurde der Fall von Madeleine McCanns Verschwinden erneut aufgerollt. Genügend Hinweise seien aber bisher noch nicht eingegangen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Fall des Verschwindens von «Maddie» gabe es neue Erkenntnisse.
- Ein 43-jähriger Deutscher steht nun unter Mordverdacht.
- Der Zeugenaufruf im Fernsehen brachte keine neuen Hinweise.
- Ermittler untersuchen zudem die Parallelen zu einem anderen Fall.
Die aufsehenerregenden Erkenntnisse im Fall Maddie nähren die Hoffnung auf eine späte Lösung des Falls. Zusätzlich veranlassen sie auch andere Ermittler, ihre Akten durchzugehen.
«Wenn es solche neuen Details gibt, gehört es zu den Routineaufgaben, nach Parallelen suchen». Dies sagte ein Polizeisprecher aus Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur. Die kleinste Chance auf neue Ermittlungsansätze werde genutzt.
Der 43-jährige Deutsche steht im Fall Maddie unter Mordverdacht. Das gaben das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft Braunschweig am Mittwoch überraschend bekannt. Zeitgleich gab es einen erneuten Zeugenaufruf zur verschwundenen Maddie in der ZDF-Sendung «Aktenzeichen XY... ungelöst».
Madeleine McCann's Verschwinden
Das damals dreijährige Mädchen Madeleine «Maddie» McCann war am 3. Mai 2007 aus einer Appartementanlage im portugiesischen Ferienort Praia da Luz verschwunden. Die Ermittler vermuten, dass der heute 43-Jährige das Mädchen entführte und umbrachte.
Es gibt viele Hinweise, aber die Beweiskette ist nicht geschlossen. «Für einen Haftbefehl oder eine Anklage reicht es noch nicht aus». Dies erklärte Hans Christian Wolters von der Staatsanwaltschaft Braunschweig am Freitag.
Der Verdächtige ist mehrfach wegen Sexualstraftaten auch an Kindern vorbestraft. Deswegen sitzt er derzeit in Kiel eine Haftstrafe ab, die das Amtsgericht Niebüll 2011 gegen ihn verhängt hatte. Dabei ging es um den Handel mit Betäubungsmitteln. Parallel ist wegen Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn Untersuchungshaft angeordnet.
Zuletzt verurteilte ihn das Landgericht Braunschweig am 16. Dezember 2019 wegen schwerer Vergewaltigung unter Einbeziehung früherer Strafen zu sieben Jahren Haft. Er hatte 2005, rund eineinhalb Jahre vor dem Verschwinden Maddies, in Praia da Luz eine damals 72-jährige Amerikanerin vergewaltigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision liegt beim Bundesgerichtshof.
Mordverdächtiger wohnte in der Algarve
Als Maddie in Praia da Luz an der Algarve verschwand, war der Mann 30. Er hielt sich zwischen 1995 und 2007 regelmässig in der Region auf. Einige Jahre davon in einem Haus zwischen Lagos und Praia da Luz.
Sowohl in Deutschland als auch Portugal wurde er mehrmals straffällig. Laut «Spiegel» weist das Strafregister des Mannes insgesamt 17 Einträge auf. Seine Verteidiger wollten sich zunächst nicht zum Fall Maddie äussern.
Eine britische Zeugin will den 43-jährigen verdächtigen Deutschen nach einem Bericht der «Sun» wiedererkannt haben. Er soll sich damals in der Nähe des Appartements der Familie McCann merkwürdig verhalten haben. Die Zeitung beschreibt die Frau als «glaubwürdige Zeugin». Sie soll den Mann schon wenige Stunden nach dem Verschwinden des kleinen Mädchens in der Ferienanlage in Portugal beschrieben haben.
Als ihr nun ein Bild von dem Verdächtigen gezeigt wurde, sagte sie der «Sun» zufolge: «Das ist der Mann, den ich gesehen habe.» Scotland Yard wollte den Bericht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Samstag nicht kommentieren.
Ermittler prüfen Parallelen zu anderem Fall
Die Ermittler schliessen weitere bislang unbekannte Straftaten des Mannes nicht aus. Die Staatsanwaltschaft Stendal prüft mögliche Parallelen zwischen dem Fall Maddie und einem Fall in Sachsen-Anhalt.
Dort verschwand am 2. Mai 2015 das fünfjährige Mädchen Inga aus Schönebeck. Es werde nach Anhaltspunkten für Zusammenhänge zum Fall Inga gesucht, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Nach Medienberichten werden in mehreren weiteren Fällen Verbindungen geprüft.
Bei der Suche nach einem Straftäter können auch die kleinsten Spuren nach Jahren noch zur Lösung des Falles beitragen. Dies erklärt der Kriminalistik-Experten Bernd Fuchs. «Da ist jede Dienststelle gut beraten, die Asservate gut aufzubewahren», sagte er.
Fuchs ist Chefredakteur der Fachzeitschrift «Kriminalistik» und ehemaliger Kriminaldirektor der Deutschen Presse-Agentur. Gerade mit den Fortschritten in der DNA-Technik täten sich ungeahnte Möglichkeiten auf.