Ukraine-Krieg: Darum baut Selenskyj jetzt die Regierung um

Der Ukraine-Krieg dauert auch rund zweieinhalb Jahre nach der Eskalation im Februar 2022 an. Ein Ende ist weiterhin nicht in Sicht.

Grosse Veränderungen gibt es nun aber innerhalb der ukrainischen Regierung. Es kommt zum Exodus. In den vergangenen Tagen gingen gleich mehrere Rücktrittsgesuche von Ministern ein. Das Parlament hat in der Folge bereits einige von ihnen entlassen.

Das wohl bekannteste Gesicht unter den Entlassenen ist Aussenminister Dmytro Kuleba. Der bisherige Stellvertreter Andrij Sybiha soll dessen Nachfolger werden.

Ganz überraschend kommt die Rochade nicht. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte bereits einen Umbau angekündigt. Doch was genau steckt hinter den Wechseln und welche Folgen haben sie mit Blick auf den Ukraine-Krieg?

Laut Ulrich Schmid, Osteuropa-Experte an der Universität St. Gallen haben die Wechsel vor allem mit der Person Selenskyj zu tun, wie er gegenüber Nau.ch erklärt. Gerüchte um eine Umbildung habe es bereits seit mehreren Monaten gegeben.

«Es geht Selenskyj darum, seine Position im Kabinett zu stärken», so Schmid. Die neuen Minister kommen demnach von innerhalb des «traditionellen Machtzirkels» von Selenskyj.

Die neuen Kräfte zeichnen sich laut dem Experten auch durch eine hohe Loyalität gegenüber dem Präsidenten aus. Den Segen von Andrij Jermak, Leiter der Präsidialverwaltung, haben die Minister ebenfalls.

Selenskyj könne durch die Wechsel seine eigene Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen, sagt Schmid weiter.

Zudem hat die Rochade auch mit der im Mai offiziell zu Ende gegangenen Amtszeit Selenskyjs zu tun.

Die Kriegssituation verunmöglicht bisher neue Präsidentschaftswahlen, sodass Selenskyj nicht vom Volk im Amt bestätigt werden kann. Er müsse deshalb «Zweifel an seiner Legitimität ausräumen», so Schmid.

Klar ist auch: Die Ausübung eines Regierungspostens ist gerade in der aktuellen Lage eine anspruchsvolle Sache. Schmid sagt: «Die Anforderungen an ein Ministeramt sind im Krieg höher als in Friedenszeiten.»

Besonders wichtig sei das Aussenministeramt, wo wie erwähnt Kuleba durch Sybiha ersetzt wird. «Die vordringliche Aufgabe der ukrainischen Regierung besteht darin, die Unterstützung des Westens für die Ukraine zu sichern», führt Schmid aus.

Konkrete Folgen für den Ukraine-Krieg dürften die Rücktritte derweil kaum haben. Schmid sagt: «Die ukrainische Regierung ist mit Herausforderungen konfrontiert, die durch die personellen Wechsel wenig tangiert werden.»

Der Experte nennt den drohenden Durchbruch der Russen im Donbass. Auch die Präsenz der Ukrainer in der russischen Region Kursk birgt Risiken.