Ukraine-Krieg: Kommandant schlägt Alarm aus Mariupol-Stahlwerk
Die Stadt Mariupol wurde im Ukraine-Krieg fast komplett eingenommen. Einzig im Asow-Stahlwerk harren noch Truppen und Zivilisten aus. Sie drohen zu verhungern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die ukrainische Hafenstadt Mariupol ist fast vollständig unter russischer Kontrolle.
- Nur das Asow-Stahlwerk mit Zivilisten und einigen Truppen wird noch belagert.
- Putin liess das Stahlwerk am Donnerstag absperren - sodass die Insassen verhungern sollen.
- Jetzt erzählt ein Vize-Kommandant des Asow-Regiments, wie die Lage vor Ort ist.
Im Ukraine-Krieg ist die zerstörte Hafenstadt Mariupol fast gänzlich unter russischer Kontrolle. Bis auf einen Ort: Das Gelände des Asow-Stahlwerks. Dort verharren noch rund 1500 ukrainische Soldaten und eine unbekannte Zahl an Zivilisten.
Gestern pfiff Putin seine Männer zurück: Sie sollten das Gelände nicht stürmen, sondern nur vollständig absperren. Was nach Aufatmen klingt, ist das Todesurteil für die Insassen. «Keine Fliege» solle herauskommen können, befahl Putin. Faktisch lässt der russische Präsident die im Stahlwerk gefangenen Menschen damit aushungern.
Kommandant traut Putins Worten im Ukraine-Krieg nicht
Bei einem Luftanschlag am Donnerstag habe es trotz Putins Ankündigung mehrere Tote im Stahlwerk gegeben. Das erzählt Swjatoslaw Palamar, der Vize-Kommandant des ukrainischen Asow-Regiments, im Telefongespräch mit dem «Spiegel». Er und seine Soldaten halten in Mariupol die ukrainische Stellung.
Palamar schildert die zunehmend prekäre Lage in den unterirdischen Schächten des Stahlwerks: Die Menschen dort bräuchten dringend Medikamente. Seit Wochen hätten sie weder Essen noch Wasser. Dies meldete auch das ukrainische Aussenministerium.
Die Truppen leben getrennt von den laut Stadtrat rund 1000 Zivilisten. «Wir können nicht mit ihnen zusammen wohnen, sonst wirft man uns vor, wir hielten die Leute als Geiseln», so Palamar. Unter den Zivilisten befinden sich auch Kinder.
Sie alle hätten Angst davor, auf der Flucht beschossen zu werden. Der Asow-Offizier findet klare Worte dafür: «Wir vertrauen den Worten Putins und seiner ganzen Propagandamaschinerie nicht.»
Laut dem «Spiegel» ist eine sichere Evakuierung des Asow-Regiments und der übrigen ukrainischen Soldaten im Ukraine-Krieg seitens Russland unwahrscheinlich. Deshalb bittet Palamar die westlichen Regierungen, sich für die Einrichtung von Fluchtkorridoren einzusetzen.
«Gleichzeitig bitten wir darum, unsere Verletzten zu evakuieren oder auszutauschen.» Unter den rund 500 Verletzten gebe es auch Amputierte, die dringend medizinische Hilfe benötigten.
Er wünscht sich, dass seine «Jungs» mit ihren Familien wiedervereint werden. Denn sie hätten «sehr viel geleistet für unser Land und verdienen es, herauszukommen».