Die russische Armee rechnet im Ukraine-Krieg mit einem massiven ukrainischen Angriff zur Befreiung der besetzten Stadt Cherson.
Ukraine Krieg
Sergej Surowikin bei einem Briefing des russischen Verteidigungsministeriums im Jahr 2017. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland rechnet mit einem ukrainischen Angriff zur Befreiung der besetzten Stadt Cherson.
  • Selenskyj nennt den Einsatz der Waffen aus Teheran eine Bankrotterklärung des Kremls.
  • Der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen geht erstmals vor Fernsehkamera.
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«An diesem Frontabschnitt ist die Lage schwierig», sagte der neue Oberbefehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, am Dienstagabend im Fernsehen.

Es war ein ungewöhnlicher Auftritt des Armeegenerals, der sogar nahezulegen schien, dass Russland einen Rückzug aus der Stadt erwägen könnte. Surowikin sagte, dass «schwierige Entscheidungen» notwendig sein könnten.

Weil die russische Armee die Ukraine auch am Dienstag mit Drohnen iranischer Bauart beschoss, griff der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache Moskau an: Er nannte den Einsatz der Waffen aus Teheran eine Bankrotterklärung des Kremls.

Wolodymyr Selenskyj
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew. - dpa

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in Berlin, mit Luftabwehrwaffen aus dem Ausland werde die Ukraine sich bald gegen die Drohnenangriffe wehren können. Für das überfallene Land ist Mittwoch der 238. Kriegstag seit dem russischen Überfall vom Februar.

Selenskyj: Drohnenangriffe werden Moskau nichts nützen

«Der russische Hilferuf an den Iran ist die Anerkennung des militärischen und politischen Bankrotts durch den Kreml», sagte Selenskyj in Kiew. Russland habe jahrzehntelang Milliarden Dollar in seinen militärisch-industriellen Komplex gesteckt, doch nun müsse es auf «ziemlich einfache Drohnen und Raketen» aus Teheran setzen.

Der Beschuss der Ukraine mit ganzen Schwärmen dieser Drohnen mache den Russen vielleicht taktisch Hoffnung. «Strategisch wird es ihnen ohnehin nicht helfen», sagte Selenskyj. Der Präsident dankte allen Angehörigen der Luftverteidigung, die Raketen und Drohnen abgeschossen hätten. Er lobte dabei auch das Luftabwehrsystem Iris-T aus Deutschland: «Das ist wirklich ein sehr effektives System.»

Ukraine-Krieg
Ukraine-Krieg: Ein eingestürztes Gebäude nach einem Drohnenangriff in Kiew.
Ukraine-Krieg
Russland zielte zuletzt mehrheitlich auf Strom- Wasser- und andere Energieinfrastruktur.
Ukraine-Krieg
Rettungskräfte bei einem Einsatz nach einem Drohnenangriff in Kiew.
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Überreste einer im Ukraine-Krieg abgeschossenen iranischen Kamikaze-Drohne.

Die russische Armee hat in den vergangenen Tagen verstärkt Drohnen iranischer Bauart vom Typ Schahed-136 auf die Energieversorgung der Ukraine, aber auch auf Städte abgeschossen. Dabei bestreiten sowohl Moskau wie Teheran ein Rüstungsgeschäft mit den Drohnen.

Nato-Generalsekretär: Luftabwehr für Ukraine wirkt schon

Zur Abwehr der Drohnen sagte die Nato der Ukraine Geräte zu, die deren Elektronik stören – sogenannte Jammer. Nato-Generalsekretär erinnerte bei einer Sicherheitskonferenz in Berlin am Dienstag auch an andere Luftabwehrwaffen aus vielen Ländern für die Ukraine. «Ich denke, dass die Systeme, die wir liefern, einen grossen Unterschied machen», sagte er. «Die Ukrainer sind in der Lage, viele anfliegende Raketen und Drohnen abzuschiessen.» Und die Ausrüstung der Ukraine werde sich in Zukunft noch verbessern.

Russischer Kommandeur geht erstmals vor Fernsehkamera

Der Fernsehauftritt Surowikins war der erste dieser Art in fast acht Monaten Krieg, und der General zeichnete ein düsteres Bild der Lage in und um Cherson in der Südukraine. Die Ukraine beschiesse Wohnhäuser und die Infrastruktur der Stadt. Durch Artillerietreffer habe die Ukraine die Übergänge über den Fluss Dnipro unpassierbar gemacht. Das erschwere die Versorgung der Stadt.

«Wir werden bedacht und rechtzeitig handeln und schliessen auch schwierige Entscheidungen nicht aus», sagte Surowikin. Vor allem diese Passage wurde als Hinweis auf einen möglichen Rückzug verstanden. Der Chef der russischen Besatzungsverwaltung von Cherson, Wladimir Saldo, sagte, die Zivilbevölkerung einiger Regionen auf dem nördlichen rechten Ufer des Dnipro solle evakuiert werden.

Die Stadt Cherson fiel im März als einzige ukrainische Gebietshauptstadt in russische Hand. Präsident Wladimir Putin verkündete im Oktober den Anschluss des Gebietes an Russland. Seit einigen Wochen rückt die ukrainische Armee wieder vor. Die russischen Soldaten auf dem rechten Ufer sind weitgehend abgeschnitten.

Pentagon spricht über Lösung für Satelliten-Internet in der Ukraine

Obwohl Tech-Milliardär Elon Musk die weitere Finanzierung des Satelliten-Internets für die Ukraine zugesagt hat, verhandelt das US-Verteidigungsministerium auch mit anderen Anbietern über eine dauerhafte Lösung. Bisher habe man Musks Raumfahrt-Firma SpaceX nichts für den Betrieb des Internet-Dienstes Starlink in der Ukraine bezahlt, sagte ein Pentagon-Sprecher in Washington.

Elon Musk
Elon Musks Weltraumfirma SpaceX will, dass die USA die Starlink-Finanzierung in der Ukraine übernehmen. - dpa

Das Verteidigungsministerium sei in Gesprächen mit SpaceX sowie anderen Unternehmen, um zu sehen, wie Satelliten-Internet dort am besten bereitgestellt werden könne. SpaceX hatte kurz nach dem russischen Angriff den Satelliten-Internetdienst Starlink in der Ukraine aktiviert und die nötigen Empfangsanlagen geliefert. Die Kommunikation ist wichtig für Zivilisten und das ukrainische Militär. Vergangene Woche hatte Musk kurzzeitig mit einem Ende der Finanzierung von Starlink für die Ukraine gedroht.

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