Ukraine-Krieg: So leistete Cherson-Paar Widerstand gegen Russen
Nach mehreren Monten hat sich Russland im Ukraine-Krieg aus Cherson zurückgezogen. Ein junges Paar erzählt nun, wie es Widerstand gegen die Besatzer leistete.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor dem Krieg bestand das Leben eines Paars aus Cherson aus Instagram und Café-Besuchen.
- Nach dem russischen Einmarsch wurden sie aber Teil des Widerstands in der Stadt.
- In einem Interview erzählen sie, wie oft sie dem Tod nur knapp entronnen sind.
Der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hat das Leben vieler Menschen drastisch verändert. In einem Interview mit dem britischen «Guardian» erzählt ein junges Paar aus Cherson nun, wie es die Zeit unter Russen-Besatzung erlebte.
Yulia und Roma, wie die Zeitung sie nennt, bekamen hautnah mit, wie schnell im Ukraine-Krieg Lebensmittel und Medizin knapp wurden. Sie meldeten sich als freiwillige Helfer für den Transport von lebensnotwendigen Gütern zu den Betroffenen. Später wurden sie Teil des ukrainischen Widerstands, der im Verborgenen gegen die russischen Besatzer arbeitete.
Spionage im Ukraine-Krieg statt Instagram
«Vor dem Ukraine-Krieg bestand mein Leben aus Instagram, Cafés und Ausflügen nach Kiew», erzählt Yulia (24). Als Widerständler seien sie dann zu «Soldaten ohne Uniformen» geworden, zeichnet sie den Kontrast auf.
In Kampfhandlungen war das Paar jedoch nicht verwickelt. Aber durch ihre Freiwilligenarbeit gewannen sie wertvolle Informationen über die russische Armee, die sie an das ukrainische Militär weitergaben.
«Wir sind oft nur knapp dem Tod entronnen», so der 29-jährige Roma. So etwa im Juni, als russische Soldaten in einer Garage neben ihrem Wohnhaus ein Waffenlager entdeckten. Oder im Mai, als einer ihrer Mitverschwörer von einer Autobombe getötet wurde.
«Plötzlich waren all diese Z-Autos im Innenhof», erzählt Roma. Während er mit den Russen gesprochen habe, sei Yulia in die gemeinsame Wohnung geschlichen. Dort sammelte sie alle elektronische Geräte ein, die kompromittierende Informationen enthielten, und brachte sie zu einem Freund.
Später arbeitete das Paar aus dem Hinterzimmer eines Cafés, das während der Besatzung offen blieb. «Das war das Lustigste an der Sache», meint Roma. «Sie tranken jeden Tag Kaffee hier», ohne zu wissen, was auf der anderen Seite der Wand passierte.
Verhaftung und Folter
Irgendwann waren es aber zu viele verdächtige Vorfälle in ihrer näheren Umgebung. Mitte September tauchten zehn maskierte Männer bei Yulia und Roma auf. Sie legten dem 29-Jährigen Handschellen an und zerrten ihn noch in Unterhosen aus dem Haus. «Sie hielten mir eine Pistole an den Kopf und sagten: ‹Wir wissen, dass du mit dem ukrainischen Militär zusammenarbeitest.›»
Wie viele andere im Ukraine-Krieg landete er in einem russischen Gefängnis. Er erzählt von Folter und Drohungen – trotzdem beharrte er darauf, nichts zu wissen. Nach einiger Zeit kam er wieder frei, ohne seine Arbeit für den Widerstand preisgegeben zu haben.