Ukraine-Krieg: Warum Selenskyj seinen Armeechef loswerden will
Der Zoff zwischen Selenskyj und Oberbefehlshaber Saluschnyj könnte im Ukraine-Krieg schwere Folgen haben. Letzterer steht angeblich kurz vor dem Abgang.
Das Wichtigste in Kürze
- Selenskyj will angeblich den Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyi feuern.
- Spekulationen zufolge wartet der ukrainische Präsident nur noch auf den richtigen Moment.
- Beim Volk gilt der Kommandeur jedoch als sehr beliebt.
In der ukrainischen Medienlandschaft herrscht Aufregung! Angeblich steht die Entlassung des ukrainischen Oberbefehlshabers Walerij Saluschnyj mitten im Krieg unmittelbar bevor.
Zwar gibt es auch eine Woche nach dem Auftauchen mutmasslicher Insiderinformationen noch keine offizielle Bestätigung. Doch pikante Interna fliessen weiter: Demnach soll es bereits ein Treffen der beiden gegeben haben. Der Präsident habe dem Chef der Streitkräfte dort den Rücktritt nahegelegt. Saluschnyj lehnte jedoch ab.
Noch zögert Selenskyj augenscheinlich aufgrund des negativen öffentlichen Echos mit der Entlassung des populären Kommandeurs. Viele Beobachter sehen in Saluschnyj den Strategen hinter der erfolgreichen Verteidigung Kiews.
Selenskyj will «Kraft und frische Energie» im Ukraine-Krieg
Die Beteiligten heizen die Spekulationen auch noch an: Inmitten der Entlassungsgerüchte verbreitete Saluschnyj ein gemeinsames Foto mit Generalstabschef Serhij Schaptala zu dessen Geburtstag. Zu der Aufnahme schrieb er: «Für uns wird es noch sehr schwer werden, aber niemand wird sich für etwas schämen müssen.»
Parallel dazu verbreitete das Internetportal «Ukrajinska Prawda» das Gerücht, dass auch der Stuhl von Schaptala wackele. Damit würden auf einen Schlag zwei der für die ukrainische Kriegsführung prägendsten ukrainischen Militärs herausgeworfen.
In einem Interview mit dem italienischen Fernsehen liess Selenskyj durchblicken, was ihn umtreibt. «Wenn wir siegen wollen, dann müssen wir alle zu Anführern des Sieges werden», sagte er und forderte einen «globalen Neustart».
Der Staatschef führte dabei aus, dass es ihm nicht nur um eine Auswechslung der Militärführung gehe. Die Forderung nach einem Neustart wiederholte er in seiner Videobotschaft am Montag. Die Ukraine brauche «Kraft und frische Energie», um zu siegen.
Saluschnyj beliebter als Selenskyj
Ein weiterer Streitpunkt zwischen den beiden ist die Rekrutierung von Soldaten. Bei der Jahrespressekonferenz im Dezember schob Selenskyj die Verantwortung für eine verschärfte Mobilmachung öffentlich der Militärführung zu. Mehr noch zog der Präsident den angeblich angemeldeten Bedarf von einer halben Million zusätzlicher Soldaten in Zweifel.
«Das ist eine sehr ernste Zahl. Ich benötige mehr Argumente, um das zu unterstützen», erklärte er den anwesenden Journalisten. Unklar seien dabei die Finanzierung und der Zweck einer so hohen Zahl an Neurekrutierungen.
Kritiker Selenskyjs sehen einen weiteren Grund für den geplanten Rauswurf Saluschnyjs auf persönlicher Ebene. In Umfragen liegen die Beliebtheitswerte des Ex-Schauspielers seit Langem hinter denen des Armeechefs. Im Dezember vertrauten ihm nur noch 62 Prozent der Ukrainer.
Saluschnyj hingegen wusste ganze 88 Prozent der Befragten hinter sich. Selenskyj ertrage es nicht, sich die Bühne mit anderen zu teilen. So jedenfalls lästern Beobachter wie der Militärjournalist Jurij Butussow.
Nun scheint das Präsidentenbüro nach einem geeigneten Moment zu suchen. Dem Ex-Parlamentsabgeordneten Ihor Mossijtschuk zufolge könnte eine neue Niederlage als Rechtfertigung für die Entlassung dienen.
«Der Verlust von Awdijiwka», der erzwungene Rückzug aus der Stadt, werde zum Entlassungsgrund werden, prognostizierte er auf Tiktok. Das werde der Gesellschaft ausreichen und Saluschnyj werde sich auch kaum zu einer öffentlichen Rechtfertigung hinreissen lassen.