Verhafteter Mafiaboss lernte mit 14 Jahren schiessen
Gestern verhaftete die italienische Polizei den Mafia-Paten Matteo Denaro. Er war vor über 30 Jahren verschwunden und lenkte die Cosa Nostra aus dem Untergrund.
Das Wichtigste in Kürze
- In Palermo wurde am Montag der meistgesuchte Mafioso Italiens, Matteo Denaro, verhaftet.
- Der Pate lenkte die Cosa Nostra seit Jahren aus dem Untergrund.
- Die lange Liste seiner Verbrechen begann bereits im Kindesalter.
Die 30-jährige Flucht des meistgesuchten Mafiabosses Italiens endete dort, wo seine Karriere begonnen hatte. Am Montag stürmten bewaffnete Carabinieri die Krebsklinik «La Magdalena» in Palermo.
Ein alt aussehender, dürrer Mann stand darauf im Wartezimmer plötzlich auf und verliess hastig das Gebäude. Doch er kam nicht weit: In einer nahe gelegenen Bar wurde er von den Polizisten eingeholt. «Wer sind Sie?», sollen sie gefragt haben. «Ich bin Matteo Messina Denaro», antwortete der 60-Jährige.
«Rolex» war 30 Jahre lang ein Phantom
Denaro habe sich der Festnahme nicht widersetzt, erklärte die Polizei später. Der einzige Hinweis auf seine Identität war in diesem Moment die 35'000 Franken teure Uhr an seinem Handgelenk. Denaro trug auch den Spitznamen «Rolex» wegen seines Flairs für teure Uhren.
Ansonsten war über den obersten Paten von Siziliens «Cosa Nostra» nur wenig bekannt. Das letzte Foto von «dem Gespenst» stammt von 1993. Es zeigt einen jungen Mann in Designerkleidung, mit Zigarre im Mundwinkel, der Porsche fährt und schon damals teure Uhren liebte.
Als im selben Jahr Salvatore «Totò» Riina, der vielleicht grösste Mafiaboss aller Zeiten, verhaftet wurde, tauchte Denaro ab. Im Untergrund trat er langsam Totos Erbe an, baute den Drogenhandel über Kolumbien aus und bandelte mit der 'Ndrangheta in Kalabrien an. 2006 wurde er nach der Verhaftung von Bernardo Provenzano der oberste Pate seiner Cosa Nostra.
Von Kindesbeinen an kriminell
Denaro wurde die Kriminalität bereits in die Wiege gelegt: Sein Vater Don Ciccio war Capo der Familie von Castelvetrano, einer Hochburg der Cosa Nostra in Sizilien. Mit 14 Jahren lernte der kleine Denaro schiessen. Seinen ersten Mord soll er mit 18 begangen haben.
Mindestens 50 Menschen soll er auf dem Gewissen haben. «Ich habe einen Friedhof gefüllt», prahlte er einst. Darunter ein Hotelchef, der ihn respektlos behandelte. Bei den Anschlägen auf die Mafia-Jäger Falcone und Borsellino soll er ebenfalls Strippenzieher gewesen sein.
Trotz dieser Vergehen war Denaro fast unmöglich zu fassen: Erst 2015 fanden die Ermittler mit Staunen heraus, dass Denaro fast vollständig auf moderne Kommunikation verzichtete. Stattdessen lenkte er die Organisation durch «Pizzini»: Kleine, verschlüsselte Botschaften in gefalteten Zettelchen, wie sie seine Vorgänger in der Mafia bereits benutzt hatten.
Seit der Jahrtausendwende stand Denaro auf Platz eins der meistgesuchten Kriminellen in Italien.