Verlag von «Verrat an Anne Frank» legt Neuauflage auf Eis
Das Wichtigste in Kürze
- Der Amsterdamer Verlag entschuldige sich auch bei «jedem, der sich durch das Buch gekränkt fühlt», wie niederländische Medien berichten.
Jüdische Organisationen forderten am Mittwoch, dass das Buch völlig vom Markt genommen werden sollte.
Ein internationales Untersuchungsteam hatte kürzlich ein Buch vorgelegt, in dem ein jüdischer Notar als Verräter des Verstecks des jüdischen Mädchens Anne Frank genannt wird. Er solle mit hoher Wahrscheinlichkeit das Versteck 1944 an die Nationalsozialisten verraten haben, um sich und seine Familie vor der Deportation zu schützen. Historiker übten aber starke Kritik und sprachen von groben Fehlern. Für den Verdacht gebe es keine Beweise.
Der Verlag, der die niederländischen Rechte des Buches besitzt, räumte in einem internen Schreiben an seine Autoren ein, dass «eine kritischere Haltung hier möglich gewesen wäre». Er forderte auch das Untersuchungsteam auf, sich zu der Kritik zu äussern. Dieses nannte die Reaktion des Verlags eine «völlige Überraschung.» Die Leiter des Teams würden in Kürze ausführlich zur Kritik Stellung nehmen.
Der Verdacht gegen den Notar sei «äusserst spekulativ», sagte der Vorsitzende des Verbandes jüdischer Organisationen CJO, Ronny Naftaniel, der Nachrichtenagentur ANP. Der Europäische Jüdische Congress forderte den internationalen Herausgeber, die Verlagsgruppe Harper Collins, auf, das Buch aus dem Handel zu nehmen.
In dem Hinterhaus in Amsterdam lebten von 1942 bis 1944 acht jüdische Menschen im Versteck. Dort schrieb Anne Frank (1929 - 1945) ihr heute weltberühmtes Tagebuch. Nach dem Verrat wurden alle Bewohner deportiert, nur Annes Vater Otto überlebte.