Via Livestreams: Tiktok profitiert von bettelnden Flüchtlingen
Vertriebene Familien in syrischen Flüchtlingslagern betteln in Tiktok-Livestreams um Spenden – doch diese landen grösstenteils bei der Video-Plattform selbst.
Das Wichtigste in Kürze
- Um an Geld zu kommen, gehen Familien in syrischen Flüchtlingslagern auf Tiktok live.
- Dazu betteln sie bei Zuschauern um virtuelle Geschenke.
- Gemäss BBC-Recherchen streicht Tiktok jedoch den Grossteil der Beträge selbst ein.
Mona Ali Al-Karim und ihre sechs Töchter gehen täglich für mehrere Stunden auf Tiktok live – um Geld zu erhalten. Dazu schicken ihnen Zuschauer virtuelle Geschenke – von Rosen für wenige Cents bis hin zu Löwen für 500 Dollar. Nachdem Monas Ehemann bei einem Luftangriff in Syrien getötet worden war, sammelt sie damit Geld für ihre blinde Tochter Sharifa.
Wie Recherchen der britischen BBC zeigen, betteln viele vertriebenen Familien in syrischen Flüchtlingslagern auf diesem Weg um Geld. Das Perfide: Dieser Trend werde sogar von sogenannten «Tiktok-Vermittlern» bewusst vorangetrieben.
Diese arbeiten für Agenturen in China und im Nahen Osten und verschaffen den Familien mittels Smartphones Zugang zu Tiktok-Konten. Die Agenturen seien Teil einer globalen Strategie der Videoplattform, um mehr Livestreamer zu rekrutieren. User sollen damit ermutigt werden, mehr Zeit auf der App zu verbringen.
Tiktok profitiert von Livestreams
Dabei werden vor allem britische SIM-Karten verwendet. Der Grund: Inhalte werden vom Algorithmus auf Grundlage der geografischen Herkunft der Telefonnummer eines Nutzers vorgeschlagen. Den Familien wird gesagt, dass Menschen aus Grossbritannien die Grosszügigsten seien.
Doch der BBC zufolge soll nur ein Bruchteil der gespendeten Beträge am Ende bei den Familien landen. In einem Selbstexperiment wurde festgestellt, dass Tiktok rund 70 Prozent des Geldes selbst einstreicht. Damit konfrontiert kündigte die Video-Plattform an, umgehend gegen das «ausbeuterische Betteln» vorzugehen. Die Inhalte würden gegen die Richtlinien von Tiktok verstossen.
Zudem bestreitet der Konzern, solch hohe Provisionen zu erhalten. Einen genauen Betrag wollte er allerdings nicht nennen.