Der Hochwasserscheitel der Elbe hat laut Landeshochwasserzentrum Sachsen erreicht.
Elbe-Hochwasser in Dresden
Das Elbe-Hochwasser in Dresden. - Robert Michael/dpa

Vorsichtiges Aufatmen an der Elbe im Osten Deutschlands, banger Blick auf die Deiche der Oder im polnischen Breslau. Der Hochwasserscheitel der Elbe ist nach Angaben des Landeshochwasserzentrums am Flussabschnitt im deutschen Bundesland Sachsen angekommen. Am ersten Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien lag der Wert am frühen Nachmittag bei 6,54 Metern, bei langsam fallender Tendenz. Normal sind dort 1,58 Meter.

Gebannt ist die Gefahr in Deutschland allerdings noch nicht. Im deutschen Bundesland Brandenburg ist ab kommender Woche bis zur Wochenmitte mit einer ernsteren Hochwasserlage an der Oder zu rechnen. Das Landesumweltamt schliesst die höchste Alarmstufe vier nicht aus.

Am späten Nachmittag wollen Krisenstäbe zusammentreten. Die Stadt Frankfurt (Oder) hat Schutzwände an der Uferpromenade aufgebaut. Auch Sandsäcke liegen bereit. Wachdienste für die Deiche sind organisiert – sie gehen die Schutzanlagen ab, wenn sich die Lage verschärft.

Lage in Mittel- und Südosteuropa

In den meisten vom Hochwasser betroffenen Regionen in Mittel- und Südosteuropa laufen inzwischen die Aufräumarbeiten. Schutt und Schlamm werden von den Strassen geschoben oder aus Häusern entfernt. Andere retten, was noch zu retten ist.

Noch ist das Ausmass der Schäden unklar. Das Europaparlament drängt deshalb auf mehr EU-Unterstützung für Katastrophenhilfe. Es sei notwendig, das EU-Katastrophenschutzverfahren mit mehr Ressourcen auszustatten, fordert eine Mehrheit des Parlaments.

Mindestens 23 Todesopfer

Am Nachmittag wird EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Breslau erwartet. Dabei dürfte es auch um die Frage von EU-Mittel für die betroffenen Länder gehen. Inzwischen stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 23. Allein in Tschechien werden noch mindestens acht Menschen vermisst.

Auch Italien hat mittlerweile mit den Folgen heftiger Regenfälle zu kämpfen. Dort kam ein Feuerwehrmann ums Leben. Der britische König Charles zeigte sich erschüttert: «Meine Frau und ich sind zutiefst schockiert und traurig über die Zerstörung und Verwüstung, die von den katastrophalen Überschwemmungen in Mitteleuropa hervorgerufen wurden», hiess es in einer Mitteilung.

Tschechien

In Tschechien erreichte die Elbe in Usti (Aussig) unweit der Grenze zu Sachsen ihren Höchststand bei knapp über 6,8 Metern – normal sind rund 2 Meter. Die Schutzwände hielten den Wassermassen stand. In den Katastrophengebieten im Osten des Landes halfen Feuerwehrleute, Soldaten und Gefängnis-Insassen bei den Aufräumarbeiten.

Die Beseitigung der Schäden könnte nach Einschätzung von Präsident Petr Pavel Jahre dauern. Eine wichtige Staatsstrasse wurde wegen Unterspülung selbst für die Rettungskräfte gesperrt. Die Polizei sprach von weiteren Fällen von Plünderungen.

Polen

In Polen hat die Hochwasserwelle in der Nacht die niederschlesische Stadt Breslau erreicht. Der Wasserstand betrage 6,38 Meter, sagte Bürgermeister Jacek Sutryk dem Sender TVN24. Ein Pegelstand von 6,30 bis 6,40 Meter werde sich länger halten.

Normal ist ein Wasserstand von etwas mehr als 3 Metern. Die jetzige Flutwelle ist deutlich niedriger als beim Oderhochwasser 1997, als der Wasserstand 7,24 Meter erreichte. Regierungschef Donald Tusk warnte bei einer Sitzung des Krisenstabs davor, die Situation zu unterschätzen.

«Es ist zu früh, um den Sieg über das Hochwasser bei Breslau zu verkünden.» Man müsse die Lage weiter im Auge behalten. Das Hochwasser bei Breslau könnte laut Prognosen bis Montag anhalten – die Hoffnung ist, dass die Deiche halten.

Österreich

In Österreich wird der Reparatur der Schäden nach dem Hochwasser wohl sehr lange Zeit in Anspruch nehmen. Die Ministerpräsidentin des besonders betroffenen Bundeslands Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, geht inzwischen davon aus, dass der Wiederaufbau der zerstörten Regionen «nicht Tage, Wochen oder Monate, sondern Jahre dauern» werde.

Sie halte dafür einen «nationalen Schulterschluss» für notwendig, sagte sie. Inzwischen entspannt sich die Situation weiter, allerorts gehen die Pegelstände zurück. Rund 300 Gebäude können im besonders betroffenen Niederösterreich weiter nicht betreten werden. Die Zahl lag vor wenigen Tagen noch bei 1400.

Slowakei

In der Slowakei entspannt sich die Hochwassersituation im Westen des Landes um die Hauptstadt Bratislava, während der Pegel der Donau weiter südöstlich noch steigt. In Komarno an der ungarischen Grenze wird die Scheitelwelle für Freitag erwartet. Dort verstärken auch Nebenflüsse aus dem Norden der Slowakei die Wassermassen der Donau.

Im Stadtzentrum von Bratislava hat die Donau am Mittwochabend ihren Höchststand mit über 9,8 Metern erreicht und fällt seitdem stetig. Am Donnerstagvormittag wurden noch 9,3 Meter gemessen. Der normale Wasserstand liegt im Durchschnitt bei drei Metern.

Italien

In Italien hatte vor allem die Region Emilia-Romagna im Norden des Landes unter heftigem Regen zu leiden. In mehreren Städten wie Ravenna, Forlì oder Castel Bolognese stand Wasser in den Strassen, weil Flüsse über die Ufer traten. Mehrere Hundert Menschen wurden aus ihren Häusern evakuiert und in Aufnahmezentren gebracht.

Aus Sicherheitsgründen blieben in der Regionalhauptstadt Bologna und anderswo viele Schulen geschlossen. Zudem riefen die dortigen Behörden die Menschen auf, besser zu Hause zu bleiben. In der Lagunenstadt Venedig wurde erstmals nach den Sommerferien das System «Mose» aus stählernen Barrieren zum Schutz vor Hochwasser in Betrieb genommen.

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