Wegen Warnstreik fallen hunderte Flüge in Deutschland aus
In Deutschland sind am Dienstag zahlreiche Flüge ausgefallen, weil Sicherheitskräfte einen Warnstreik ausrichteten. Die Branche schäumt und stellt Forderungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gewerkschaft Verdi hat am Dienstag erneut auf neun Flughäfen gestreikt.
- Somit wollen sie auf unzureichende Arbeitsbedingungen für Sicherheitskräfte hinweisen.
- Am Donnerstag gibt es eine fortführende Verhandlung in Frankfurt.
Hunderte Flugausfälle, geplatzte Reisepläne und Scharen genervter Passagiere: Mit einem ganztägigen Warnstreik haben die privaten Sicherheitskräfte an den Flughäfen am Dienstag einen Grossteil des Luftverkehrs in Deutschland lahmgelegt.
In Hamburg und Hannover wurden sämtliche Abflüge gestrichen, in Berlin, Stuttgart und Düsseldorf ging ebenfalls nur wenig. Mit der Ausweitung auf Leipzig wurden von der Gewerkschaft Verdi insgesamt neun Flughäfen bestreikt. Ihr Hintergrund war, bessere Arbeitsbedingungen für die Fracht- und Passagierkontrolleure zu erzwingen.
Warnstreik war kein Problem für Ankünfte
Allein am Drehkreuz Frankfurt sagten die Gesellschaften 118 von 790 geplanten Flügen ganz ab, wie der Betreiber Fraport berichtete. Zusteigen konnte am Rhein-Main-Flughafen niemand, stattdessen wurden nur Umsteiger abgefertigt. Ankommende Passagiere konnten wie überall den Flughafen wie gewohnt verlassen. Sie wurden nach der Landung nicht mehr von den Sicherheitsdienstleistern überprüft.
Von einer Anreise zum Flughafen hatte Fraport abgeraten, sodass es in den Terminals sehr ruhig blieb. Begonnen hatte die Welle vom Warnstreik bereits um 22.00 Uhr in Leipzig und um Mitternacht in Köln/Bonn, wie Verdi berichtete. An diesen Frachtdrehkreuzen gibt es kein Nachtflugverbot.
Streikende fordern Erhöhung des Stundenlohns
Verdi fordert in den Tarifverhandlungen mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen, den Stundenlohn um mindestens einen Euro zu erhöhen. Wesentlich kostspieliger könnten regionale Angleichungen sowie vereinheitlichte Tarifgruppen werden. Diese würden den Arbeitgebenden zufolge für einzelne Beschäftigte bis zu 40 Prozent mehr Gehalt bringen.
Die Arbeitgebenden werfen der Gewerkschaft Masslosigkeit vor, nachdem man bereits bis zu 22 Prozent angeboten habe. Nach vier Verhandlungsrunden wollen sich beide Seiten am Donnerstag in Raunheim bei Frankfurt erneut treffen.
Die Branche kritisierte den ohne Urabstimmung geführten Ausstand schärfer denn je. Bereits in der vergangenen Woche hatte Verdi in regionalen Wellen mehr als einen Warnstreik veranstaltet. Mit Ausnahme Bayerns werden die Kontrollen der Fracht, der Passagiere und des Personals von privaten Dienstleistern durchgeführt. Diese sind von der Bundespolizei mit dieser hoheitlichen Aufgabe beauftragt.
Es braucht Änderung in Organisationsstruktur
Flughäfen und Airlines seien daher nicht Teil des Konfliktes, würden aber mit vielen tausend Passagieren am stärksten getroffen. Dies erklärte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. «Mit der unverhältnismässigen flächendeckenden Lahmlegung des Luftverkehrs verlässt Verdi die Grundlage einer verantwortungsvollen Tarif- und Arbeitskampfpolitik.» Dies sagte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.
Der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) verlangte vom Staat eine Neuordnung der Sicherheitskontrollen. «Die bestehende Organisationsstruktur macht alle Beteiligten erpressbar. Insbesondere den Bund als Auftraggeber wie auch die Passagiere, die ohne Kontrollen ihren Flug nicht antreten können.»
20'000 mussten Urlaub absagen
Eurowings-Betriebschef Jens Ritter machte eine Rechnung zu den Verdi-Aktionen aus Sicht der Passagiere auf: «Auf dieser Rechnung stehen inzwischen mehr als 20'000 geplatzte Urlaubsreisen, 10'000 ausgefallene Businesstrips und über 5000 verschobene Familien- und Heimatbesuch. Und das nur aufgrund eines völlig unverhältnismässigen Streiks am Nadelöhr der Sicherheitskontrollen.»