Werbeverbot für Tabak: Ärzte machen Druck
Die Grosse Koalition ringt schon lange darum, Zigaretten-Reklame einzudämmen - doch wie weit soll das gehen? Eine Zeitvorgabe der Kanzlerin läuft bald ab. Mediziner fordern klare Entscheidungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ärzte in Deutschland dringen zum Schutz der Gesundheit auf umfassende Werbeverbote fürs Rauchen.
«Die langwierige Diskussion um die Plakatwerbung ist trostlos», sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, der Deutschen Presse-Agentur.
«Es ist unverständlich, dass wir das Werbeverbot als letztes Land in der EU immer noch nicht vollständig durchgesetzt haben.» Die Ärzteschaft sei ganz klar für ein generelles Tabakwerbeverbot, und zwar auch für elektronische Zigaretten. «Da kann man der Industrie nicht entgegenkommen. Rauchen ist schädlich, Punkt.»
Die grosse Koalition verhandelt seit Monaten über einen neuen Anlauf für Werbeverbote, nachdem die Union generellen Widerstand dagegen aufgegeben hat. Dabei geht es darum, bestehende Beschränkungen auf Plakatwerbung und Kinos auszuweiten. Im Gespräch ist, dass sie nicht nur für klassische Tabakprodukte greifen sollen, sondern auch für E-Zigaretten. Die SPD will dies durchsetzen, dafür macht sich auch die neue Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) stark.
Reinhardt sagte: «Jeder weiss, dass vor allem Jugendliche anfällig sind für Klischeebilder der Werbung. Nicht alles, was legal ist, muss beworben werden.» Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich für ein Werbeverbot ausgesprochen und «eine Haltung» dazu bis Jahresende in Aussicht gestellt. Im Gespräch sind inzwischen ein weitgehendes Aussenwerbeverbot ab Anfang 2022 und ein Verbot bei Kinofilmen für Jugendliche ab Anfang 2021.
Verboten ist Tabakwerbung etwa schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften. In der vorigen Wahlperiode war ein Anlauf zur Ausweitung gescheitert. Die Zigarettenbranche argumentiert unter anderem, ein vollständiges Verbot wäre ein unverhältnismässiger Eingriff in die Werbefreiheit. Massgebend für den Rauchbeginn von Minderjährigen sei das Rauchverhalten in Freundeskreis und Familie.
In der Debatte über den Umgang mit illegalen Drogen lehnte der Ärztepräsident eine Freigabe von Cannabis ab. Er sei «definitiv gegen eine Liberalisierung», sagte Reinhardt. «Das ist eine Droge, die ein Suchtpotenzial hat.» Es gebe auch Forschungsbelege dafür, dass regelmässiger Konsum vor Abschluss der Hirnreifung zu erheblichen Beeinträchtigungen wie Konzentrationsstörungen führe. «Es gibt keinen Grund, noch eine weitere Droge zuzulassen.»
Reinhardt warb für das Engagement von Ärzten bei Behandlungen mit Heroin-Ersatzstoffen (Substitution). Die Aufgabe sei nicht immer einfach. Rahmenbedingungen würden teils schwieriger, ärztlicher Nachwuchs fehle. «Ich halte es aber für sehr wichtig und notwendig, Kollegen weiter für die Substitutionsbehandlung zu motivieren», sagte der Ärztepräsident. «Das ist ein Thema, um das wir uns kümmern müssen.» Die Drogenbeauftragte Ludwig hatte dazu aufgerufen, auch die «nächste Generation der Ärzteschaft» für solche Angebote zu gewinnen.