Winterkorn: Die wichtigsten juristischen Baustellen für VW
Immer wieder scheint Volkswagen den Abgasskandal abzuschütteln – der neue Vorstandschef bemüht sich, den Blick nach vorn zu richten. Doch die Spätfolgen seiner grössten Krise wird der Konzern nicht los.
Das Wichtigste in Kürze
- Die USA weiten ihre strafrechtlichen Ermittlungen gegen VW-Mitarbeiter in der Dieselgate-Affäre aus.
- Nun ist auch der langjährige Konzernchef Martin Winterkorn unter den Beschuldigten.
- Die US-Justizbehörden hatten zuvor Strafanzeigen gegen acht Mitarbeiter des VW-Konzerns eingereicht.
Die Behörden in den Vereinigten Staaten rufen es mit ihrer Anklage gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn in Erinnerung: Die Abgas-Affäre bleibt für Volkswagen ein juristischer Grosskampf an gleich mehreren Schauplätzen. Auch in Deutschland wird gegen den früheren «Mr. Volkswagen» und andere Manager ermittelt.
Allein hierzulande ging es ursprünglich um etwa 2,4 Millionen Autos mit Manipulations-Software. Weltweit sind es rund 11 Millionen, in den USA - wo der Skandal im September 2015 aufgeflogen war - fast 600'000.
Strafrechtliche Ermittlungen
Worum geht es bei den US-Vorwürfen gegen Winterkorn in den USA? Dem 70-Jährigen werden Betrug und Verschwörung vorgeworfen. Dabei geht es um die Annahme, dass er schon vor dem Auffliegen der Affäre im September 2015 über Manipulationen an der Abgasreinigung von Diesel-Fahrzeugen informiert wurde. Ermittelt wird gegen den Ex-Chef und andere Führungskräfte auch in Deutschland.
Zivilklagen
Allein für Vergleiche in Nordamerika hat VW schon mehr als 25 Milliarden Euro verbucht. Entschädigungen wollen aber auch sich geprellt fühlende Dieselfahrer in Deutschland erstreiten. Nach Angaben aus informierten Kreisen liegen bislang mehr als 2600 Urteile vor, davon endeten rund 70 Prozent mit einer Klageabweisung. Insgesamt sind dem Vernehmen nach etwa 17'000 Kundenklagen anhängig, zudem habe es zehn Entscheidungen von Oberlandesgerichten gegeben.
Entscheidend für die Anwälte ist die Frage, ob die von VW ausgestellte Bescheinigung zum Übereinstimmen mit der Typgenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts korrekt ist.
Aktionärsklagen
Der Abgasskandal hat viel Geld gekostet - nicht nur Volkswagen, sondern auch Investoren. Der Kurs der VW-Aktie brach unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Betrugs ein - zeitweise verloren die Vorzugspapiere fast die Hälfte ihres Werts. Daher verlangen Investoren wie die Sparkassentochter Deka, die als Musterklägerin auftritt, Schadenersatz. Der Vorwurf: VW habe die Märkte zu spät über das Dieseldrama informiert. Laut Gesetz müssen Nachrichten, die den Firmenwert beeinflussen können, umgehend («ad hoc») veröffentlicht werden. Volkswagen soll genau das versäumt zu haben.