Wissenschaftler jubeln über deutschen Corona-Impfstoff

«Es ist wichtig, dass wir zuerst diejenigen schützen sollten, die das höchste Risiko haben», sagte Spahn am Montag in Berlin. Gleiches gelte für diejenigen im Gesundheitswesen, «die sich um diese Risikogruppen kümmern». Und auch für alle, «die das öffentliche Leben am laufen halten».

Spahn äusserte sich zu den am Montagmorgen vorgestellten Empfehlungen. Diese wurden vom Deutschen Ethikrats, der Ständigen Impfkommission und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erstellt. Diese seien eine «gute Grundlage» für die nun erforderlichen politischen Entscheidungen.

Die Bundesregierung plant gegen das Coronavirus den Aufbau von 60 Impfzentren, die durch mobile Impfteams ergänzt werden sollen.

Als Ziel nannte Spahn eine Durchimpfung von mindestens 55 bis 65 Prozent der Bevölkerung. Dies, um so die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Eine Impfpflicht stehe aber nicht zur Diskussion. Grundsätzlich äusserte sich der Minister mit Blick auf die Verfügbarkeit eines Impfstoffs optimistisch: «Stand heute wird es wahrscheinlich so schnell wie noch nie zuvor einen Impfstoff gegen ein neues Virus geben können.»

Als «sehr ermutigend» bezeichnete Spahn Informationen der Firmen Biontech und Pfizer. Demnach sollen bisherige Studienergebnisse auf eine 90-prozentige Wirksamkeit ihres in der Erprobung befindlichen Impfstoffs hinweisen. Der Minister bekräftigte aber auch, dass die Bundesregierung mit unterschiedlichen Herstellern kooperiere. «Wir setzen auf mehrere Pferde», denn «wir wissen noch nicht, welche ins Ziel kommen».

Die Professorin für Immunologie und Infektionskrankheiten an der University of Edingbrugh meldet sich glücklich zu den neuen Resultaten: «Das sind aussergewöhnlich gute Nachrichten: Ein Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 90 Prozent, von dem bis zum Jahresende Millionen von Dosen verfügbar sind. Allerdings sind noch nicht alle Daten veröffentlicht, daher wissen wir noch nicht exakt, wie die Testergebnisse aussehen.»

Auch Analyst Jochen Stanl vom Online-Broker CM Markets freut sich: «Es ist die Nachricht des Jahres, vielleicht sogar die Nachricht dieses Jahrzehnts. Es ist eine Zusammenarbeit zweier Unternehmen aus den USA und Deutschland. Kaum etwas könnte nach vier Jahren der transatlantischen Spaltungen unter der Regierung Trump schöner sein als diese Nachricht.»

Und weiter: «Nicht nur im politischen Sinne, auch in gesundheitlichen Belangen könnte die Welt jetzt zeitnah in die Heilungsphase eintreten. Das erste Mal seit Beginn der Pandemie ist nun Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Das ist die Nachricht, auf die so viele Anleger sehnsüchtig gewartet haben.»

Auch Vermögensverwalter reagieren optimistisch auf die Nachrichten. Die Regierung könne nun für eine Rückkehr aus dem Lockdown planen. Und nicht nur politisch, auch an der Börse war die positive Stimmung zu spüren.

Es wurde ein regelrechtes Kursfeuerwerk ausgelöst. Dem Dax beschert die Nachricht den grössten Kurssprung seit einem halben Jahr. Gleiches galt für den Index der Reise- und Touristikbranche.

Der künftige US-Präsident Joe Biden hat die Fortschritte beim Corona-Impfstoff der Firmen Biontech und Pfizer begrüsst - aber zugleich auch darauf hingewiesen, dass ein Sieg gegen das Virus noch weit entfernt sei. Es würden noch Monate vergehen, bis in den USA in grossem Stil geimpft werden könne, sagte Biden am Montag.

Trump hatte hingegen in den vergangenen Wochen stets auf anstehende Impfstoffe verwiesen, wenn er den Bedarf an Vorsichtsmassnahmen in der Corona-Krise herunterspielte. Am Montag schrieb Trump bei Twitter: «Der Aktienmarkt steigt stark, Impfstoff kommt bald.» Das Mittel von Biotech und Pfizer war allerdings nicht Teil das «Warp-Speed»-Programms der US-Regierung zur beschleunigten Entwicklung von Impfstoffen.