Zinstief setzt Banken weiter zu
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Geldhäuser schliessen angesichts der Dauerbelastung durch das Zinstief Minuszinsen für Kunden nicht mehr aus.
Mehr als 40 Prozent der kleinen und mittleren Institute in Deutschland planen einer Umfrage von Bafin und Bundesbank zufolge mittelfristig die Weitergabe von negativen Zinsen.
Bei der letzten Erhebung vor zwei Jahren waren es erst 24 Prozent. Nach derzeitigen Planungen würden 9 Prozent auch Einlagen von Privatkunden nicht verschonen.
«Die grundsätzliche Bereitschaft ist da, und das ist auch nicht verwunderlich», sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling am Montag in Frankfurt. Noch seien die Ergebnisse der meisten Institute solide, aber der ungünstige Mix aus schwächelnder Konjunktur und anhaltender Niedrigzinsphase erhöht den Handlungsdruck für die Branche.
«Die Banken waren Ende 2018 eigentlich der Auffassung, sie sind durch das Tal durch und dachten, jetzt wird es wieder besser», sagte Wuermeling. Doch die jüngsten Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) machten alle Hoffnung zunichte.
Geschäftsbanken müssen nun 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der EZB parken. Obwohl die Notenbank einen Teil über Freibeträge verschont, bleibt das eine Milliardenbelastung. Die Branche spricht von einer «Art Strafsteuer». Die Wende hin zu steigenden Zinsen hat die EZB auf unbestimmte Zeit verschoben.
Einzelne Institute geben die Negativzinsen der EZB seit einiger Zeit an Unternehmen oder grosse Investoren wie Fonds weiter. In manchem Haus werden auch vermögende Privatkunden zur Kasse gebeten. Nach Wuermelings Angaben nehmen die Institute in Deutschland zusammengenommen unter dem Strich etwas mehr an Negativzinsen von ihren Kunden ein, als sie Positivzinsen an ihre Kunden zahlen. «Es wird ein kleiner Überschuss erwirtschaftet, aber nicht substanziell.»
Insgesamt sei ein weiterer Rückgang der Gewinne in den nächsten Jahren «sehr wahrscheinlich», stellten die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Bundesbank fest. Die Bankenaufseher befragten von April bis Anfang Juni 1412 Banken und Sparkassen zu Ertragskraft und Widerstandsfähigkeit im Niedrigzinsumfeld - all jene, die direkt von Bafin und Bundesbank beaufsichtigt werden. Das sind 89 Prozent der heimischen Institute und gemessen an der Bilanzsumme 38 Prozent des deutschen Marktes.
Die Geldhäuser mussten auf Basis ihrer Zahlen zum Jahresende 2018 beantworten, wie ihre Pläne und Prognosen auf fünf Zinsszenarien für den Zeitraum 2019 bis 2023 reagieren würden. In einem Stresstest simulierten sie zudem ihre Ertragslage für 2019 bis 2021 - unter anderem im Falle eines schweren wirtschaftlichen Abschwungs.
Im Durchschnitt seien die Institute «auch im Stressfall - und das gilt auch für die ganz überwiegende Anzahl der Institute - solide kapitalisiert», sagte der oberste Bankenaufseher der Bafin, Raimund Röseler. Allerdings konnte eine «mittlere zweistellige Anzahl von Banken» nach seinen Angaben im harten Stressszenario die Kapitalanforderungen nicht erfüllen.
«Irgendwann leben die Institute nur noch von der Substanz und das schaffen sie unterschiedlich lange», sagte Röseler. Er rechne daher mit einer «Bereinigung» des Marktes und weiteren Fusionen, insbesondere in den Verbünden - also bei Sparkassen und Volksbanken. Eine «Flut von Bankpleiten» in den kommenden Jahren erwarte er nicht.
Um ihre Ergebnisse zu verbessern, sind Banken und Sparkassen nach Erkenntnissen der Aufseher auch bereit, mehr Risiken einzugehen. Bei der Finanzierung von Wohnimmobilien seien Standards in den vergangenen Jahren lockerer geworden. Die Deutsche Kreditwirtschaft versicherte, auch künftig sei nicht mit einer «Erosion» der «hohen Vergabestandards» zu rechnen. Wuermeling sagte, noch seien die Kriterien für die Ausgabe von Krediten «nicht in einem kritischen Bereich». Er betonte: «Eine weitere Lockerung wäre aber bedenklich.»