5000 Jahre altes Erbgut deutet auf Parallelgesellschaften hin
Das Wichtigste in Kürze
- Im Gebiet der Schweiz dürften bereits vor 5000 Jahren Parallelesellschaften gelebt haben.
- Zu dieser Erkenntnis kommt die Universität Bern.
- Unterschiedliche Einwanderer lebten mit- und nebeneinander.
Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz dürften bereits vor 5000 Jahren Parallelgesellschaften bestanden haben. Dies legt eine Studie der Universität Bern nahe. Durch die Einwanderung von Nomaden aus der eurasischen Steppe kam es in Europa zu einer umfassenden Bevölkerungsumwälzung. Über die Vermischung der beiden Bevölkerungsgruppen in Zentraleuropa war bisher wenig bekannt.
In der neuen Studie, die in der Fachzeitschrift «Nature Communications» veröffentlicht wird, hat ein Forschungsteam 96 alte Genome analysiert. Sie geben neue Einblicke in die Abstammung heutiger Europäerinnen und Europäer, wie die Universität Bern am Montag mitteilte.
Gene der alten und neuen Gruppen vermischten sich
Auf das Ende der Jungsteinzeit, rund 2800 v. Chr., wird das erste Auftreten archäologischer Funde aus dem Kulturkomplex der sogenannten Schnurkeramik datiert. Im gleichen Zeitraum lassen sich Spuren finden, die ihren Ursprung auf dem Gebiet des heutigen Russlands und der Ukraine haben.
Ein Forschungsteam von den Universitäten Tübingen und Bern sowie dem Max-Planck-Institut in Jena ist den Spuren genauer nachgegangen. Die Feststellungen der Forschenden deuten darauf hin, dass sich die Gene der neuen und altansässigen Bevölkerungsgruppen erst allmählich mischten.
«Bemerkenswerterweise fanden wir mehrere weibliche Individuen, deren Gene keinerlei Spuren der Vorfahren aus der Steppe aufwiesen. Und das, obwohl die Steppen-Menschen bereits seit 1000 Jahren in der Region lebten. So wird die Erstautorin der Studie Anja Furtwängler von der Universität Tübingen in der Mitteilung zitiert.
Dolmengrab als Auslöser für die Studie
Der Auslöser für das Forschungsprojekt war die Ausgrabung eines Grossen Steingrabs (Dolmen) in Oberbipp BE. Dort waren mindestens 40 Menschen in zwei Phasen bestattet worden.
«Der Fund eines intakten Dolmengrabs in der Schweiz war eine Sensation. Nun konnten wir sogar genetische Profile der Jahrtausende alten Skeletten gewinnen.» Dies sagte die Mitautorin der Studie, Sandra Lösch vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Bern.
Um 5500 vor Christus sind es Menschen aus dem anatolisch-ostmediterranen Raum. Um 2800 vor Christus kamen sie aus dem nördlichen Schwarzmeer- und der Kaukasusgebiet. Die Studie bestätigt den zweiten Zustrom, zeigt aber auch, dass nicht die gesamte Bevölkerung ausgetauscht wurde. Es kam viel mehr zu einem Nebeneinander.