Angst vor Kawasaki-Syndrom: Macht uns Coronavirus überempfindlich?
Das Coronavirus dominiert die Schlagzeilen. Doch auch neue Meldungen zum Kawasaki-ähnlichen Syndrom machen uns Angst. Eine Psychologin begründet.
Das Wichtigste in Kürze
- Macht uns das Coronavirus überempfindlich?
- Neue Meldungen zu Symptomen und Krankheiten sorgen für Aufregung und Verunsicherung.
- Eine Psychologin der Universität Fribourg erklärt, wieso.
Es sind Schlagzeilen, die besonders bei Eltern ungute Gefühle auslösen dürften. Kinder zeigen aufgrund des Coronavirus Symptome eines dem Kawasaki-ähnlichen Syndroms. Dabei hiess es zu Beginn der Pandemie noch, das Virus sei für Kinder harmlos.
Tatsächlich ist die Zahl der betroffenen Kinder aber nicht aussergewöhnlich hoch. Eine Inzidenzschätzung basierend auf Daten aus Bergamo (I) und dem US-Staat New York zeigt: Nur zwischen 0,016 Prozent und 0,31 Prozent der infizierten Kinder entwickeln derartige Symptome. Wie genau Coronavirus und das Kawasaki-ähnliche Syndrom zusammenhängen, ist noch nicht restlos geklärt und bedarf gemäss Experten weiterer Forschung.
Ende März sorgte auch das Hantavirus kurzzeitig für Aufregung – steht die nächste Pandemie bereits in den Startlöchern? Schnell konnten Experten Entwarnung geben, aber die Meldungen verunsicherten die Bevölkerung.
Schlüsse werden mit weniger Reflexion gezogen
Weshalb also messen wir solchen Meldungen derart hohe Bedeutung bei? Macht uns das Coronavirus sensibler? Ja, bestätigt Professor Doktor Simone Munsch, Klinische Psychologin an der Universität Fribourg gegenüber Nau.ch.
«Wir sind aufmerksamer bezüglich weiterer Bedrohungen. Dies sowohl wirtschaftlich, gesellschaftlich und eben auch gesundheitlich.» So habe man aufgrund des höheren Anspannungsniveaus die Tendenz, rascher und mit weniger Reflexion Schlussfolgerungen zu ziehen, erläutert Munsch. Oder anders ausgedrückt: Man hinterfragt weniger und legt sich schneller fest.
Dabei handle es sich aber um einen prinzipiell sinnvollen evolutionsgenetischen Mechanismus, sagt Munsch. Dieser schärfe bei Gefahr die Aufmerksamkeit und stelle körperliche Ressourcen für Verteidigung oder Flucht zur Verfügung. «Im Falle realer Gefahren sichert ein solcher Mechanismus das Überleben.»
Es braucht «beruhigende Berichterstattung» zu Coronavirus
Im Bezug auf das Coronavirus hilft uns dieser Mechanismus aber nur bedingt. Die Erkenntnis, dass die mediale Berichterstattung einen Einfluss auf die psychische Befindlichkeit hat, sei nicht neu. «So wurde zum Beispiel auch die Art und Weise der Berichterstattung nach suizidalen Ereignissen beeinflusst.»
Munsch warnt vor einem Anstieg an psychischen Problemen, wenn die Situation andauert. Die Lösung der Psychologin: «Eine sachliche, informative und auch beruhigende Art und Weise der Berichterstattung in den Medien.»