Studie

Botox gegen Depressionen - Internationaler Wissenschaftsstreit

Keystone-SDA
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USA,

Laut WHO leiden über 260 Millionen Menschen weltweit an Depressionen. Könnte man diese nicht mit Botox «wegspritzen»?

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Eine Schönheitspraxis wirbt in ihrem Schaufenster mit einer «Botox to go» Behandlung. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Studie wertet den Einfluss von Botox auf Depressionen aus.
  • Die Ergebnisse führen zu einem internationalen Streit von Wissenschaftsexperten.

Könnte man Depressionen mit Botox «wegspritzen», wäre das wohl ein gewaltiger Verkaufshit. Studien und deren Auswertungen dazu sind allerdings zu einem internationalen Wissenschaftlerstreit eskaliert. Beweise und Gegenbeweise halten sich die Waage.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die Zahl der Menschen, die an Depressionen leiden, auf mehr als 264 Millionen. Während ihrer Lebenszeit erkranken acht bis zwölf Prozent der Menschen zumindest einmal an einer Depression.

«Die derzeit verwendeten Therapeutika (etwa Serotonin-Reuptake-Hemmer oder Dopamin-Norepinephrin-Reuptake-Hemmer) sind aber bei fast einem Drittel der Patienten unwirksam», schrieben Tigran Makunts von der Skaggs School of Pharmacy (Universität von Kalifornien/San Diego) und seine Co-Autoren 2019 in der Wissenschaftszeitschrift «Scientific Reports».

Die US-Experten fanden aber in einer pharmaepidemiologischen Beobachtungsstudie Hinweise auf eine Wirksamkeit von Botulinumtoxin (auch) gegen Depressionen. Die Forscher werteten die Daten von mehr als 40'000 Personen in einer Datenbank der US-Zulassungsbehörde FDA aus, die Botulinumtoxin zur Behandlung von Hyperhidrosis (extremes Schwitzen), Gesichtsfalten, zur Migräneprophylaxe und bei Spastizität erhalten hatten.

In «Scientific Reports» berichteten die US-Wissenschaftler bei Patienten mit kosmetischer Falten-Behandlung mit Botox einen Rückgang von Depressionen um 56 Prozent. Migräne nahm um 40 Prozent ab und Lähmungen an Armen/Händen gar um 72 Prozent.

Die Forscher schrieben in ihrer Studie allerdings klipp und klar, dass es zur Bestätigung solcher Beobachtungsergebnisse neuer Untersuchungen mit Placebokontrolle bedürfe, die von vornherein auf den möglichen Effekt von Botulinumtoxin auf die Psyche abzielen. Hier stösst man allerdings automatisch an Grenzen: Wer sich Botulinumtoxin injizieren lässt, verspürt sofort eine Wirkung, nämlich die Entspannung von Muskelgruppen. Damit ist eine Placebo-Kontrolle schwierig.

Im März dieses Jahres trat die Diskussion in ein neues Stadium. Jara Schulze von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und ihre Co-Autoren fassten im «Journal of Psychiatric Research» fünf vorhandene klinische Studien zur Verwendung von Botox und Depressionen zusammen und werteten die Daten noch einmal aus. Fazit der deutschen Fachzeitschrift: Die Botulinumtoxin-Injektionen hätten einen mehr als doppelt so starken antidepressiven Effekt wie die sonst üblichen Antidepressiva.

Das glauben US-Wissenschaftler keinesfalls. Nicholas Coles von der Stanford University (Kalifornien) hatte nämlich bereits 2019 eine ähnliche Meta-Analyse zu Botox und Depressionen durchgeführt und in «Emotion Review» veröffentlicht. Bis auf eine der verwendeten Studien hatten die Experten die gleichen wissenschaftlichen Arbeiten wie die deutschen Experten analysiert. Sie kamen zu einem ganz anderen Ergebnis.

Jede der Studien sei mit weniger als hundert Teilnehmern klein gewesen, ist einer der Kritikpunkte. Die Placebo-Kontrolle könne wegen der eindeutigen Effekte von Botox nicht funktioniert haben. Und schliesslich: Vier der fünf Studien seien vom Botox-Hersteller finanziert worden.

Verfechter der «Facial-Feedback-Hypothese» gehen davon aus, dass bestimmte Bewegungen der Gesichtsmuskeln die Emotionen des Betroffenen beeinflussen. Ob das mit Botox besser als mit Entspannungstraining gelingt und ob daran überhaupt grosse Erwartungen zu knüpfen sind, ist nicht klar.

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