Die Gletscher in der Schweiz verhungern von oben her

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Bern,

Auch dieses Jahr sieht es für Schweizer Gletscher nicht gut aus: Es liegt unterdurchschnittlich viel Schnee – erneut droht eine Rekord-Gletscherschmelze.

Gletscherschutz mit grossen Planen: Am Corvatsch-Gletscher entfernen Bergbahn-Mitarbeiter im September 2022 das Schutzvlies. (Archivbild)
Gletscherschutz mit grossen Planen: Am Corvatsch-Gletscher entfernen Bergbahn-Mitarbeiter im September 2022 das Schutzvlies. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Das Wichtigste in Kürze

  • Um die Schweizer Gletscher steht es auch in diesem Jahr nicht gut.
  • Im April lagen unterdurchschnittliche Schneemengen – Gletscher verhungern von oben her.
  • Es droht erneut eine Rekord-Gletscherschmelze.

Um die Schweizer Gletscher steht es zu Beginn der Schneeschmelze erneut kritisch – im zweiten Jahr nach 2022. Im April lagen wieder unterdurchschnittliche Schneemengen. So verhungern die Gletscher von oben her. Eine erneute Rekord-Gletscherschmelze droht.

Zum Teil war die Lage noch schlimmer als 2022 mit seiner rekordhohen Gletscherschmelze, wie der ETH-Glaziologe Matthias Huss in einem Interview mit der «Sonntags-Zeitung» sagte.

Huss leitet das Messnetz Glamos und vermisst mit seinem Team jeweils im April landesweit 15 Gletscher. Die Schneemenge ist zu diesem Zeitpunkt am grössten.

2023 massen die Fachleute eine rekordhohe Gletscherschmelze. In einer Juniwoche schmolzen mehr als 300 Millionen Tonnen Gletschereis und Schnee ab. Diese Menge Schmelzwasser füllt in fünf Sekunden ein olympisches Schwimmbecken.

Schutzschicht fehlt

Das Risiko für eine neue Rekordschmelze steigt, wie Huss sagte. 2022 lag im April ähnlich wenig Schnee wie aktuell. Den Gletschern fehlt demnach die Nahrung, und das Eis hat keine Schutzschicht, sobald es wärmer wird.

Erstmals nahm das Glamos-Team am Strahlhorn im Wallis Messungen auf über 4000 Metern über Meer vor. Dort lag «schlicht null Schnee» – nur noch das blanke Eis, wie Huss der Zeitung sagte. Auf der glatten Eisfläche konnte sich der Schnee nicht mit dem Altschnee verbinden: die Winde in diesen Höhen bliesen ihn weg.

Auf dem Jungfraujoch schmolz im Sommer 2022 zum ersten Mal mehr Schnee, als im Winter zuvor gefallen war, erklärte Huss weiter. Ende März 2023 lag auf dem Berg an den selben Stellen sogar noch weniger Schnee.

Kleine Gletscher wohl nicht zu retten

Bei drei zuvor vermessenen Gletschern musste das Netzwerk 2022 die Arbeiten einstellen, weil sie praktisch weggeschmolzen oder durch Gletscherspalten oder Steinschlag zu gefährlich waren. 2023 rechnet Huss damit, die Messungen am St. Annafirm oberhalb von Andermatt UR einstellen zu müssen. Dieser sei in sich zusammengefallen und nur noch von Schutt bedeckt.

Huss geht nicht davon aus, dass kleinere Gletscher noch zu retten sind. Und wenn die Schweiz die grossen Gletscher nicht bewahre, verliere sie ihre weissen Berge. Stattdessen seien dann nur noch graue Geröllhalden zu sehen.

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Kommentare

User #1059 (nicht angemeldet)

Ötzl: Das war nur für die ersten 500-1000 Jahre so, vor allem weil die Ozeane sehr träge sind (es geht hier vor allem um die Bildung von Tiefenwasser). Danach hat CO2 wieder das Zepter übernommen.

User #1059 (nicht angemeldet)

3252: Nein, nur in den Tropen hat Sublimation einen gewissen Anteil am Massenverlust. Bei uns schmelzen und verhungern sie.

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