Ein Antibiotikum aus Insekten eliminiert Bakterien auf neuartige Weise

Universität Zürich
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Die Universität Zürich, Institut für Chemie, informiert über ein von Baumwanzen produziertes Antibiotikum.

Holz
Das neue Schulhaus im Berner Weissenbühlquartier wird aus Holz gebaut. (Symbolbild) - Pixabay

Das von Baumwanzen produzierte Antibiotikum Thanatin zerstört die äussere Membran von gramnegativen Bakterien. Forscher der Universität Zürich haben nun herausgefunden, dass dies durch einen bisher unbekannten Mechanismus geschieht. Thanatin soll deshalb als Ausgangsstoff für die Entwicklung neuer Antibiotika-Klassen dienen.

Die weltweite Ausbreitung von antibiotikaresistenten Bakterien stellt eine wachsende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. «Trotz intensiver Bemühungen von Wissenschaft und Industrie ist es bisher nicht gelungen, geeignete Angriffsziele für neuartige Antibiotika zu finden», sagt John A. Robinson vom Institut für Chemie der UZH. «Eine der grössten Herausforderungen ist dabei die Identifizierung von neuen Wirkmechanismen gegen gramnegative Bakterien.» Zu dieser Gruppe von Keimen gehören viele gefährliche Krankheitserreger wie Pseudomonas aeruginosa, das lebensbedrohliche Lungeninfektionen verursacht, sowie pathogene Stämme des Darmbakteriums Escherichia coli.

Zerstörung des äusseren Schutzschilds

Ein interdisziplinäres Team der Universität Zürich und der ETH Zürich konnte nun erstmals zeigen, wie das natürliche Antibiotikum Thanatin – das aus der nordamerikanischen Baumwanze Podisus maculiventris gewonnen wird – gegen gramnegative Bakterien wirkt. Es stellte sich heraus, dass der Wirkstoff auf bislang unbekannte Weise den Aufbau der äusseren Zellmembran der Bakterien unterbindet. Alle gramnegativen Bakterien besitzen eine doppelte Zellmembran, wobei die äussere Membran eine wichtige Abwehrfunktion übernimmt und das Eindringen potentiell giftiger Substanzen in das Zellinnere verhindert. Die Aussenseite dieser Membran besteht aus einer komplexen Schicht von fettähnlichen, zuckerhaltigen Substanzen, den sogenannten Lipopolysacchariden. Ohne den Schutz durch diese Lipopolysaccharide sind die Bakterien nicht lebensfähig.

Protein-Protein-Wechselwirkungen im Visier

Mit Hilfe modernster Methoden gelang den Zürcher Forschenden nun der Nachweis, dass Thanatin den Transport der Lipopolysaccharid-Bausteine zur äusseren Membran unterbricht. Der betroffene Transportweg besteht aus einer Superstruktur von sieben verschiedenen Proteinen, die sich zu einer Art Brücke zusammenlagern, die von der inneren Membran über den wässrigen Zwischenraum bis hin zur äusseren Membran reicht. Entlang dieser Struktur wandern die Lipopolysaccharide zur Zelloberfläche, wo sie für den Aufbau der Membran bereitgestellt werden. Thanatin blockiert die Wechselwirkung zwischen den Brückenproteinen und verhindert so die Ausbildung der Superstruktur. Die Lipopolysaccharide gelangen deshalb nicht an ihren Bestimmungsort, die äussere Membran kann nicht aufgebaut werden und die Bakterien sterben ab.

Die Entwicklung neuer klinischer Kandidaten vorantreiben

«Dieser Wirkmechanismus ist bisher beispiellos und öffnet neue Perspektiven für die Entwicklung zukünftiger Antibiotika-Klassen gegen gefährliche Keime», erklärt Robinson, «Das Ergebnis zeigt erstmals die Möglichkeit auf, die Protein-Protein-Wechselwirkungen in der bakteriellen Zelle mit geeigneten Substanzen gezielt zu hemmen.»

Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse hat bereits ein Industriepartner - die Polyphor AG in Allschwil BL – mit der Suche nach potentiellen klinischen Kandidaten begonnen. Das Unternehmen verfügt auf diesem Gebiet über beachtliche Erfahrung und hat in Zusammenarbeit mit der UZH bereits das Antibiotikum Murepavadin entwickelt. Das Medikament, das spezifisch gegen Pseudomonas aeruginosa wirkt, befindet sich derzeit in der klinischen Phase III. «Ein weiteres neuartiges Antibiotikum, das auf andere gramnegative Erreger abzielt, wäre eine wichtige Ergänzung bei der Entwicklung von dringend benötigten antibakteriellen Therapien», so Robinson.

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