Trotz einer klaren Zunahme von Wolfsangriffen im Jahr 2021 funktioniert der Herdenschutz mit Hunden laut der nationalen Landwirtschaftszentrale Agridea «prinzipiell gut». Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass bei grösseren Rissen oftmals Herdenschutz-Vorgaben nicht eingehalten wurden.
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Ein Herdenschutzhund bewacht eine Schafherde. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Letztes Jahr verdreifachte sich die Zahl der Alpen, die trotz offizieller Herdenschutzhunde Risse verzeichneten, auf 22.
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Auf 14 dieser Alpen wurden drei oder mehr Nutztiere gerissen, in der Regel Schafe. Neun Alpen liegen in Graubünden, je zwei im Wallis und im Tessin und eine in St. Gallen. Agridea nahm den Herdenschutz dieser Alpbetriebe unter die Lupe.

Der Befund: Nur auf jeder dritten untersuchten Alp waren die Voraussetzungen für einen effizienten Einsatz der Hunde gegeben. Auf zwei von drei Alpen waren zwar Herdenschutzhunde vor Ort, sie fanden aber nicht die Bedingungen vor, um ihre Arbeit erfolgreich ausführen zu können.

Auf diesen Alpen «scheint die Herdenführung die grosse Herausforderung gewesen zu sein», lautet das Fazit der Herdenschutz-Experten von Agridea. Die meisten Risse seien auf eine zu weiträumig verteilte Herde zurückzuführen und nicht auf ein Versagen der Hunde. Vorgaben des Bundes zur Herdenausdehnung wurden oftmals nicht erfüllt.

Für den Missstand identifizierte die aufwendige Untersuchung zwei Hauptgründe: Entweder war die Arbeit der Hirtenschaft nicht professionell genug oder das Gelände erschwerte eine kompakte Führung der Herde oder verunmöglichte sie sogar ganz. Auch schlechtes Wetter, etwa Nebel, wirkte sich negativ aus.

Wo sich die Alpverantwortlichen nach anfänglichen Rissen um eine Verbesserung der Umstände bemühten, zahlte sich das in der Regel aus. Auf vier Alpen führte der Austausch von unmotivierten Hirten, die Anschaffung von mehr Hunden oder eine konsequentere Herdenführung zu einem raschen und markanten Rückgang der Wolfsrisse.

Nicht näher angeschaut hat Agridea die acht Alpen, auf denen nur ein oder zwei Tiere gerissen wurden. Zu einzelnen Rissen könne es auch bei Herden mit Schutzhunden immer wieder kommen, heisst es im Bericht. Agridea wertet die geringe Zahl der gerissenen Tiere als Zeichen dafür, dass der Herdenschutz auf diesen Alpen grundsätzlich funktionierte.

Auf Schweizer Alpen kamen letztes Jahr gemäss Angaben von Agridea 297 Herdenschutzhunde zum Einsatz, sieben Mal mehr als vor 20 Jahren. Weitere 170 Hunde befanden sich auf Weiden, auf Bauernhöfen oder in Ausbildung.

Obwohl die Anzahl Wölfe letztes Jahr um gut die Hälfte auf 140 bis 150 zunahm, blieb die Zahl der vom Grossraubtier gerissenen Nutztiere (867) in etwa stabil. Erbeutet wurden zum grössten Teil Schafe und Ziegen, zudem auch vier Kälber und 17 Rinder.

Im Schnitt riss jeder Wolf etwa sechs Tiere. Wie die Gruppe Wolf Schweiz zu einem früheren Zeitpunkt mitteilte, sind das pro Wolf fünf Mal weniger Risse als in der Anfangsphase der Wolfsrückkehr. Um die Jahrtausendwende rissen demnach gerade mal sechs Wölfe über 200 Nutztiere. «Diese positive Bilanz ist zweifelsohne dem ausgebauten Herdenschutz zu verdanken», betonten die Wolfsschützer.

Agridea ist die landwirtschaftliche Beratungszentrale der kantonalen Fachstellen. Als neutrale Wissensdrehscheibe vernetzt sie nach eigenen Angaben Akteure aus der ganzen Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft.

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