Kommt der Golfstrom bald zum Erliegen? Forschende sind sich uneinig
Eine neue Studie aus Dänemark vermutet, dass der Golfstrom schon im Jahr 2025 kollabieren könnte. Das könnte zu einer abrupten Abkühlung Europas führen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Studie mutmasst, dass der Golfstrom im Laufe des 21. Jahrhunderts kollabieren könnte.
- Dies würde zu weitreichenden Konsequenzen auf der gesamten Welt führen.
- Doch ob die dänische Studie zuverlässig ist, gilt unter Forschenden als umstritten.
Die meridionale Umwälzzirkulation im Atlantik (AMOC) – wie der Golfstrom in Fachkreisen genannt wird – ist für Europa von grosser Wichtigkeit. Die Strömung transportiert warme Wassermengen von der Südostküste der USA an die Atlantikküste Europas. Ohne die AMOC würden die Temperaturen in weiten Teilen des Kontinents um bis zu zehn Grad sinken.
Eine neue Studie von dänischen Forschenden, die im renommierten Wissenschaftsjournal «Nature Communcations» erschien, prophezeit ein weltuntergangsähnliches Szenario: Der Golfstrom soll mutmasslich aufgrund des Klimawandels Mitte des 21. Jahrhunderts kollabieren und damit weitreichende Klima-Konsequenzen für die gesamte Welt bringen.
Golfstrom könnte schon 2025 kollabieren
Die beiden Wissenschaftler Susanne und Peter Ditlevsen kommen zu diesem Ergebnis aufgrund des Vergleichs von Meeresoberflächentemperaturen im Nordatlantik. In den Daten von den Jahren 1870 bis 2020 fanden die Forschenden einige Frühwarnsignale für eine kritische Phase des Golfstroms. Ihre Vermutung: Die AMOC kommt spätestens 2095 zum Erliegen, doch auch schon 2025 sei dies möglich.
Dass sich der Golfstrom langsamer fortbewegt als früher, ist schon seit geraumer Zeit unter Wissenschaftlern bekannt und akzeptiert. Die Hiobsbotschaft, die die dänischen Forschenden verbreiten, scheint allerdings für viele Klimaexperten übertrieben. So kam der IPCC-Report erst kürzlich zu dem Ergebnis, dass der Golfstrom im 21. Jahrhundert noch intakt bleiben wird.
Skepsis und Zustimmung
Auch andere Forschende stimmen der Einschätzung der IPCC zu: Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hält die Ergebnisse für «Spekulation», wie der «Standard» berichtet. Doch die Studie erhält nicht nur Gegenwind, sondern wird von einigen Kollegen auch befürwortet. So belege der aktuelle Bericht, dass der Kollaps der AMOC näher liegt als bisher angenommen.
Ob es tatsächlich zu einem baldigen Kollaps des Golfstroms kommen könnte, ist dementsprechend umstritten. Klar scheint nur, dass Europa die Konsequenzen nicht sofort spüren würde: Höchstwahrscheinlich würde es mindestens 50 Jahre dauern, damit sich das Klima spürbar abkühlt.