Lebensspuren auf Mars-Gestein sehen anders aus als auf Erd-Material
Die Astrobiologin Tetyana Milojevic von der Uni Wien liess bereits Mikroben auf künstlichem Mars-Gestein, irdischem Material und Meteoriten wachsen. Nun hat sie die Mikroorganismen erstmals auf einem Mars-Meteoriten gezüchtet - und diese Lebensspuren sehen darauf ganz anders aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Mars ist heute lebensfeindlich, doch in früheren Zeiten könnten dort viel freundlichere Lebensbedingungen vorgeherrscht haben.
«Es gibt Hinweise, dass am Mars in der geologischen Vergangenheit die Lebensbedingungen jenen auf der frühen Erde ähnelten», erklärte die Astrobiologin Tetyana Milojevic, Leiterin der Weltraumbiochemie Gruppe an der Universität Wien in einer Mitteilung.
Frühe Lebensformen könnten damals die vorhandenen Ressourcen des Planeten genutzt haben und Energie aus anorganischen Mineralquellen gewonnen haben. Auch auf der Erde gibt es sogenannte chemolithotrophe Mikroorganismen, die Gesteine als Energielieferanten nutzen.
Im Vorjahr hat Milojevic einen hochdotierten «Consolidator»-Förderpreis des Europäischen Forschungsrats ERC erhalten, um biologische Signaturen von Mikroben zu untersuchen, die sie auf Marsgestein züchtet. Sie verwendete dafür in ihrer aktuellen Arbeit den Marsmeteoriten «Nordwestafrika (NWA) 7034», der in der Sahara gefunden, 2011 von einem Händler verkauft wurde und den Spitznamen «Black Beauty» trägt.
«Es gibt viele verschiedene Mars-Meteoriten, aber dieser ist einzigartig, weil es sich um eine Brekzie handelt, also ausserordentlich heterogen ist, mit Fraktionen, die ungefähr zwei und mehr als vier Milliarden Jahre alt ist», erklärte Milojevic gegenüber der APA. Irgendwann wurde der Brocken beim Einschlag eines Meteoriten auf dem Planeten ins Weltall geschleudert und gelangte schliesslich auf die Erde.
Die Forscher gehen von der Annahme aus, dass potenzielles Leben auf dem Mars entsprechende Spuren in Form von Biosignaturen in Gesteinen aus den ersten Milliarden Jahren des Roten Planeten, aus denen Teile von «NWA 7034» ursprünglich stammen, hinterlassen hat. Damals feuchte Gebiete mit Mineralquellen könnten etwa von chemolithotrophe Mikroorganismen besiedelt worden sein.
In ihren Experimenten arbeitet Milojevic mit dem Archaeon «Metallosphaera sedula». Dieses lebt üblicherweise unter extremen Bedingungen, etwa in vulkanischen Schwefelquellen und auch im Labor bei über 70 Grad Celsius. Und es kann Energie aus anorganischen Quellen für die mikrobielle Atmung, das Wachstum und den Stoffwechsel gewinnen, etwa indem es Eisen oxidiert.
Die Forscherin liess die Mikroben in den vergangenen Jahren bereits verschiedene Materialien besiedeln. Dazu zählten synthetische Mineralmischungen, die Gesteinen der Marsoberfläche ähneln, weiteres irdisches Gestein sowie Fragmente eines Meteoriten, ein «Gewöhnlicher Chondrit», der aus ursprünglicher Materie besteht, die früh aus dem solaren Urnebel gebildet wurde. Dann untersuchte sie die biogeochemischen «Fingerabdrücke», die die Mikroben auf den Gesteinen hinterlassen haben.
Für das aktuelle Projekt hat das internationale Forscherteam um Milojevic einige Gramm des Marsmeteoriten «NWA 7034» von US-Kollegen erhalten, das Material pulverisiert und an «Metallosphaera sedula» «verfüttert». Das Material wurde von den Mikroben biotransformiert, etwa indem sie an ihren Zelloberflächen viel Eisen-, Mangan- und Aluminiumphosphat absorbiert haben. «Mit der Zeit wird diese Schicht immer dicker und bildet robuste Mineralkapseln, bis der Mikroorganismus irgendwann abstirbt, aber die Kapsel überbleibt», sagte Milojevic.
Neben dieser massiven Verkrustung der Zelloberfläche haben die Forscher die Bildung von komplexen kristallinen Ablagerungen innerhalb der Zellen beobachtet. Die Wissenschaftlerin bezeichnet diese Spuren auf dem Marsmaterial als «einzigartige Biomineralisationsmuster», die sich von jenen auf terrestrischen Mineralien und dem «Gewöhnlichen Chondriten» unterscheiden.
In weiterführenden Experimenten will die Astrobiologin nun untersuchen, ob und wie solche Biomineralisationsmuster die harschen Bedingungen am Mars überstehen. Dazu sollen Proben einige Zeit Mars-ähnlichen Bedingungen ausgesetzt werden, etwa an der Aussenseite der Internationalen Raumstation ISS oder im Labor, wo dies simuliert werden kann.
https://www.nature.com/articles/s43247-021-00105-x