Es ist möglich, eine positive Klimabilanz zu erreichen, indem man CO2 abfängt und speichert. Ein Schweizer Pilotprojekt hat das bestätigt.
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CO2 abzufangen und zu speichern ist mit einer positiven Klimabilanz machbar. Das zeigte ein Schweizer Pilotprojekt an zwei Methoden zur CO2-Speicherung, die im Rahmen des Projekts umgesetzt und in der Praxis getestet wurden. Allerdings gibt es regulatorische Herausforderungen.

Die Resultate des von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH Zürich) geleiteten Projekts mit dem Namen «DemoUPCARMA» (Demonstration and UPscaling of CARbon dioxide MAnagement solutions for a net-zero Switzerland) wurden am Dienstag präsentiert.

«Wir brauchen diese Technologien», betonte Reto Burkard vom Bundesamt für Umwelt vor den Medien. Die Schweizer Klimaziele sehen vor, dass die Schweiz bis 2050 unter dem Strich kein CO2 mehr ausstösst. Dafür müssen Emissionen, die nicht vermieden werden können, aus der Atmosphäre wieder entfernt werden. So zum Beispiel Emissionen von Kehrichtverbrennungsanlagen oder der Landwirtschaft. Die Energieperspektiven 2050+ des Bundes gehen davon aus, dass jährlich 12 Millionen Tonnen CO2 anfallen, die als schwer vermeidbar gelten.

Die Frage ist also: Wohin mit diesem CO2? Im Projekt untersuchte ein Konsortium aus Forschung und Industrie zwei Möglichkeiten für ein solches CO2-Management.

CO2 in ARA Bern abgefangen

Für die zwei Pilotprojekte haben die Forschenden CO2 in der Abwasserreinigungsanlage ARA Bern abgefangen. Dort entsteht CO2 in einer Biogasanlage. Das Biogas der ARA Bern besteht aus einem Gasgemisch aus Methan (60 Prozent) und CO2 (40 Prozent). Das CO2 muss abgetrennt werden, um hochreines Methan, sogenanntes Biomethan, zu erhalten. Nach der Abtrennung wird das CO2 in einen flüssigen Zustand gebracht. Das flüssige CO2 kann dann in spezielle Tankcontainer gefüllt und bei einer Temperatur von minus 35 Grad Celsius transportiert werden.

Ein Teil dieses CO2 wurde in Island tief im Boden eingelagert. Für die Speicherung in Island wird das CO2 in den Containern per Lastwagen von der ARA Bern zum Bahnhof in Weil am Rhein (ca. 100 km) transportiert. Von dort aus werden die Container zunächst per Bahn nach Rotterdam (ca. 800 km) und dann per Schiff nach Reykjavik (ca. 2200 km) transportiert. Bisher wurden so 80 Tonnen CO2 nach Island transportiert, wie aus Hintergrundinformationen zum Projekt hervorgeht.

Nach der Ankunft in Reykjavik werden die Container per LKW zur geologischen Lagerstätte gebracht. Aufgelöst in Meereswasser wird das CO2 dort in unterirdisches Basaltgestein injiziert, wo es sich im Gestein bindet.

Trotz dieser Transporte wies die Methode eine positive Klimabilanz auf, wie die Forschenden zeigen konnten. Das heisst, es wurde beim Abscheiden, transportieren und Einlagern weniger CO2 verbraucht, als eingelagert wurde.

Temperaturen von über 600 Grad Celsius für CO2-Freisetzung

Der Wirkungsgrad belief sich dabei auf etwa 80 Prozent. Für jede Tonne CO2, die gespeichert wurde, wurden also rund 200 Kilogramm CO2 freigesetzt. Ein grosser Teil davon während des Transports. «Diese Bilanz wird sich in Zukunft verbessern», sagte Projektleiter Marco Mazzotti. Denn der Transport wird künftig weniger CO2-intensiv sein.

Um die Emissionen weiter zu reduzieren, schlagen die Forschenden ausserdem eine CO2-Pipeline vor. Für eine solche gebe es in der Schweiz auch bereits erste Ideen, sagte Burkard. Einen konkreten Zeitplan für eine solche Pipeline konnte er aber nicht nennen.

Für die Speicherung im Beton wird das flüssige CO2 mit Betongranulat, das beim Abbruch von Gebäuden entsteht, vermischt. Dabei versteinert sich das CO2 dank einer chemischen Reaktion, es bildet sogenanntes Kalziumkarbonat. Als dieses bleibt das CO2 in recyceltem Beton gespeichert. Um das CO2 wieder freizusetzen, bräuchte es Temperaturen von über 600 Grad Celsius – oder eine starke Säure.

Auch diese Speichermethode weist laut dem Projekt eine positive Klimabilanz auf. Die Speicherung im Beton hat demnach einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent.

Es müssen klare Regulierungen geschaffen werden

«CO2-Speicherung im Beton ist bereits heute ein Business», betonte Johannes Tiefenthaler. Er ist Gründer des ETH-Spin-Offs Neustark, das im Rahmen des Projekts das Verfahren zur CO2-Speicherung in rezykliertem Beton weiterentwickelt hat. Zwölf Speichereinlagen, die auf dieser Technologie beruhen, seien bereits in Betrieb, 20 weitere im Bau. Ein Grossteil davon in der Schweiz, weitere in Deutschland und in Österreich.

Überrascht wurden die Forschenden hingegen von den regulatorischen Schwierigkeiten, die Ihnen beim Transport von CO2 durch mehrere Länder bis nach Island begegneten, wie es an der Präsentation hiess. Das Projektteam kommt daher zum Schluss: Will die Schweiz CO2 im grösseren Massstab speichern und Anreize für Unternehmen schaffen, müssen gemeinsam mit den europäischen Nachbarn klare Regulierungen geschaffen werden.

Ausserdem sehen die Forschenden weiteren Forschungsbedarf. Untersucht werden soll etwa auch, inwiefern eine Einlagerung von CO2 in Schweizer Böden möglich wäre.

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