Spanische Grippe: Mythos um junge Todesopfer widerlegt
Forscherinnen haben herausgefunden, dass, hingegen der allgemeinen Auffassung, vor allem gebrechliche Personen Opfer der Spanischen Grippe wurden.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Mythos um die Spanische Grippe wurde gelöst.
- Neueste Erkenntnisse bestätigten, dass vor allem gebrechliche Personen Todesopfer waren.
- Dies entgegen der Annahme, dass die Grippe junge Menschengleich oft in den Tod zog.
Die Influenza-Pandemie von 1918 hat in der öffentlichen Wahrnehmung sowohl junge als auch alte, gesunde und kranke Menschen gleichermassen getroffen. Dieses Bild wurde jahrzehntelang aufrechterhalten. Neue Forschungen von zwei Anthropologinnen, Amanda Wissler und Sharon Dewitte, stellen diese Annahme jedoch infrage. Sie untersuchten 248 Skelette aus der Zeit der Spanischen Grippe und kamen zu überraschenden Ergebnissen.
Bisherige Forschungen zur Spanischen Grippe basierten hauptsächlich auf historischen Bevölkerungsstatistiken und Volkszählungen. Diese Daten bieten laut «SRF» jedoch oft keine genauen Informationen über den Gesundheitszustand der Verstorbenen.
Die Knochenhaut lieferte neue Erkenntnisse
Um genauere Erkenntnisse zu gewinnen, griffen Wissler und Dewitte auf bioarchäologische Daten zurück. Sie analysierten Skelettüberreste, insbesondere die Knochenhaut der Schienbeine. Veränderungen in der Knochenhaut können nämlich Aufschluss über den Gesundheitszustand einer Person vor ihrem Tod geben.
Die untersuchten Skelette stammen aus der Hamann-Todd-Sammlung. Diese enthält Überreste von Personen, die zwischen 1825 -1910 geboren und zwischen 1910 – 1938 gestorben sind. Von den über 3000 Skeletten dieser Sammlung wurden 248 für die Studie ausgewählt, wobei nur natürliche Todesursachen berücksichtigt wurden.
Gebrechliche Personen waren häufiger betroffen
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass Personen mit beschädigter Knochenhaut ein 2,7-mal höheres Sterberisiko hatten als gesunde Individuen. Denn eine beschädigte Knochenhaut gilt als Indikator für Vorerkrankungen. Dies steht im Gegensatz zur weit verbreiteten Annahme, dass vor allem gesunde Menschen von der Spanischen Grippe betroffen waren.
So hatten also gebrechliche Menschen während der Spanischen Grippe ein höheres Sterberisiko. Diese Tatsache stimmt mit den Beobachtungen aus der COVID-19 Pandemie überein.
Warum hielt sich der Mythos um die Spanische Grippe?
Bei COVID-19 sind ebenfalls vor allem ältere Menschen über 65 Jahren betroffen. Dennoch hält sich das Bild der Spanischen Grippe als tödliche Krankheit für gesunde Menschen hartnäckig in der öffentlichen Meinung. Dies könnte auf zeitgenössische Berichte zurückzuführen sein, die den Tod vieler junger, gesunder Menschen während der Pandemie hervorhoben.
Solche Berichte hatten einen tiefen Eindruck hinterlassen und das Bild der Spanischen Grippe in der öffentlichen Wahrnehmung geprägt.