Wo Pflanzen Städte kühlen können – und wo nicht
Städte können leicht zu Wärmeinseln werden: Bei Hitzewellen wird dies zum Problem. ETH-Forscher haben Kühlungs-Strategien untersucht.
Das Wichtigste in Kürze
- Ihre Grösse und viel Niederschlag machen eine Stadt zur Wärmeinsel.
- Mit Pflanzen können diese Städte abgekühlt werden.
- Das funktioniert nur, wenn die Umgebung nicht noch grüner ist.
Städte sind oft heisser als ihre Umgebung – sie werden zu Wärmeinseln. Während Hitzewellen kann dies für alte und kranke Menschen lebensbedrohlich werden.
Umweltwissenschaftler haben deshalb nun untersucht, wie viel Grünfläche es braucht, damit die Temperatur gesenkt wird und eine Stadt keine Wärmeinsel mehr ist. Die Ergebnisse sind nun in der Fachzeitschrift Nature publiziert worden.
Die Forschenden der ETH Zürich, der Universität Princeton und der Duke Universität haben Daten von 30'000 Städten und deren Umgebung ausgewertet. Dabei berücksichtigten sie jeweils die durchschnittliche Temperatur an der Oberfläche im Sommer, die Bevölkerungszahl und den jährlichen Niederschlag.
Sie erstellten eine Weltkarte, auf der zu sehen ist, welche Städte im Vergleich zu ihrer Umgebung besonders heiss sind und suchten nach Gründen dafür.
Das Resultat: Je mehr Personen in einer Stadt leben, desto heisser ist diese. Auch der Niederschlag spielt eine Rolle: Denn je mehr es regnet, desto grüner ist die Umgebung einer Stadt, was die Umgebung automatisch kühler macht.
Dies führt dazu, dass Grünflächen in trockenen Regionen sehr schnell zu einem Kühlungseffekt in der Stadt führen, in tropischen Regionen aber, wo die Umgebung sehr grün ist, bleibt die Stadt auch mit grossen Grünflächen wärmer.
«Solche Städte sollten andere Kühlungsmethoden in Betracht ziehen», sagt Gabriele Manoli, Hydrologe und Erstautor der Studie, im Gespräch. Es sei theoretisch zwar bei jeder Stadt möglich, den Wärmeinsel-Effekt loszuwerden.
80 Prozent von Singapur müssten bewaldet werden
Praktisch würde das bei einer Stadt wie Singapur, die von Tropenwäldern umgeben ist, heissen, dass 80 Prozent oder mehr der Fläche innerhalb der Stadt wieder bewaldet werden müsste, um einen signifikanten Kühleffekt zu erzielen. Die Stadt müsste also selber zum Wald werden.
Doch auch da, wo der Kühleffekt von Grünflächen gross wäre, ist die Strategie nicht immer umsetzbar. Bei Wüstenstädten zum Beispiel würden Pflanzen die Hitze reduzieren – brauchen aber auch viel Wasser. «In solchen Fällen wird das Problem einfach verschoben: Das Hitzeproblem könnte zum Wasserproblem werden».
Mehr Grünflächen würden in der Schweiz helfen
In der Schweiz würden mehr Grünflächen generell helfen, die Städte besser zu kühlen, sagt Manoli. Es bestehe noch viel Potential. Ausserdem hätten Pflanzen auch andere wichtige Funktionen, wie zum Beispiel die Aufnahme von CO2. So können sie neben der Kühlung zur Luftqualität beitragen. Dieser Effekt ist in der Studie aber nicht eingerechnet.
«Unsere Studie soll grobe Leitlinien geben, damit Stadtplaner abschätzen können, wie viel Grünfläche es braucht, um eine Kühlung zu erzielen oder ob andere Strategien wie Beschattung oder das Schaffen von Windkorridoren sinnvoller sind», sagt Manoli.
«Wer stadtspezifische Lösungen entwickeln will, um die Wärme zu reduzieren, braucht aber zusätzliche Analysen und ein detailliertes Verständnis des Mikroklimas», fügt er an. «Allerdings stehen diese Informationen Stadtplanern und Entscheidungsträgern nur in wenigen Städten zur Verfügung.» Zürich ist eine davon.
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«Nau forscht»
Im Rahmen dieser Serie erscheint jeden Sonntag ein exklusiver Beitrag des Wissenschaftsmagazins «higgs».
Dieser Beitrag wurde verfasst von Katrin Schregenberger.