Neue Immuntherapie gegen Blasenkrebs
Ökologische Fortschritte ermöglichen bahnbrechende Heilungschancen bei Blasenkrebs. Eine neue Medikamentenklasse birgt viel Behandlungspotenzial.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine revolutionäre Blasenkrebs-Therapie soll die Überlebenschancen verdoppeln.
- Die neue Medikamentenklasse birgt Potenzial zur Behandlung anderer Krebsarten.
- Diese Behandlung könnte einen Paradigmenwechsel in der Onkologie bedeuten.
Blasenkrebs zählt zu den zehn am häufigsten auftretenden Krebsarten, mit jährlich etwa einer halben Million Todesfällen weltweit. Vor zwei Jahren trat eine Wende ein und neue Therapien brachten neue Möglichkeiten in den Bereich der Blasenkrebsbehandlung.
Der Mann hinter dieser Revolution ist Thomas Powles, Professor für Urologische Onkologie am Barts Center Institute in London.
Er ist eine der zehn Personen, die das Fachblatt «Nature» 2023 als wegweisend in der Wissenschaft bezeichnet. Nicht nur das, Powles zählt ebenfalls zu den «100 einflussreichsten Menschen im Bereich der globalen Gesundheit für das Jahr 2024».
Neue Hoffnung in der Behandlung von Blasenkrebs
Blasenkrebs zeichnet sich durch sein schnelles Wachstum aus. Powles erklärte in einem Gespräch mit «Der Standard», dass bei Metastasenbildung die durchschnittliche Lebenserwartung auf nur ein Jahr sinkt. Bis vor kurzem stammte die Grundlage der Behandlung für Blasenkrebs aus dem Jahr 1969 und zeigte begrenzten Erfolg. Doch dies hat sich nun geändert.
Das Jahr 2010 brachte eine neue Medikamentenklasse auf den Markt: Checkpoint-Inhibitoren oder Immuntherapie. Diese verhinderten, dass Krebszellen an die Checkpoints der Immunzellen andocken. Obwohl diese Therapie bei der Behandlung von Melanomen und Lungenkrebs grossartige Ergebnisse zeigte, war ihr Erfolg bei Blasenkrebs unterschiedlich.
Eine wirkungsvolle Therapie entsteht
Powles führte die erste klinische Studie über Checkpoint-Inhibitoren bei Blasenkrebs durch und erinnerte sich, dass die Ergebnisse ermutigend waren. Etwa 20 bis 25 Prozent der Patienten, bei denen die Chemotherapie nicht mehr wirkte, befanden sich in dauerhafter Remission.
Ein erster Durchbruch war die Zulassung einer neuen Art von Chemotherapie namens «Antibody Drug Conjugates» oder «Chemoimmunkonjugate». Diese Behandlung ermöglichte es den Patienten, länger zu überleben und auf die Therapie anzusprechen.
«70 Prozent der Betroffenen haben auf die Therapie angesprochen, der Anteil jener, die ohne Regression überleben, hat sich verdoppelt. Das ist wirklich beeindruckend!», so Powles.
Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten
Mittlerweile wird diese Kombinationstherapie weltweit als Standardbehandlung bei metastasierendem Blasenkrebs angewendet. Darüber hinaus gibt es Studien, um den Therapieerfolg von Beginn an zu prüfen, bevor die Krankheit im Körper fortschreitet.
Die ersten Ergebnisse sind ermutigend und Powles ist zuversichtlich. Die frühzeitige Einleitung der Immuntherapie bei vielen Patienten könnte eine operative Entfernung der Blase ersparen.
In etwa zwei Jahren wird man sehen, ob sich diese Hoffnung tatsächlich realisiert. Die Nebenwirkungen dieser Therapie sind deutlich geringer als bei der klassischen Chemotherapie, nur 10 Prozent der Patienten erleben schwere Nebenwirkungen.
Potenzial für andere Krebsarten
Angetrieben vom grossen Erfolg bei Blasenkrebs, gibt es nun Forschungen, um den Einsatz dieser Therapien auf andere Krebsarten auszuweiten. Man hofft auf einen entscheidenden Schritt, um eine der weltweit häufigsten Todesursachen zu einer behandelbaren Krankheit zu machen.
Den enormen Erfolg der neuartigen Therapie betont auch Shahrokh Shariat, Leiter des Comprehensive Cancer Center in Wien.
Er erklärt, dass es dank dieser Fortschritte erstmals möglich ist, den Patienten mit Zuversicht zu sagen: «Sie haben eine sehr gute Chance, Ihren Krebs zu überleben».