In Ungarn gehen tausende gegen Viktor Orbán auf die Strasse
400 Überstunden im Jahr, das geht den Ungarn zu weit. Tausende demonstrieren seit Wochen gegen das umstrittene Arbeitsrecht von Viktor Orbán und dessen Fidesz.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund 10'000 Ungarn gingen am Wochenende gegen die Regierung auf die Strasse.
- Seit Wochen gibt es Proteste gegen die Änderung des Arbeitsrechts durch Viktor Orbán.
- Hinter der Gesetzesanpassung steckt die intakte Wirtschaft des Landes.
Seit Wochen gehen die Menschen in Ungarn auf die Strasse. Ihr Protest richtet sich gegen die Regierung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Auslöser ist der Unmut gegen das von der Regierungsmehrheit beschlossene Gesetz zur Änderung des Arbeitsrechts Mitte Dezember. Es gibt den Arbeitgebern das Recht, von den Mitarbeitern bis zu 400 Überstunden im Jahr einzufordern – was quasi einer Sechstagewoche entspricht.
Lagerübergreifender Protest
Die von den Gegnern als «Sklavengesetz» bezeichnete Regelung hat am vergangenen Samstag bis zu 10'000 Menschen in die Strassen von Budapest gelockt. Offenbar so viele, wie noch nie seit Beginn der Proteste. Linke und rechte Oppositionsparteien als auch Gewerkschaften und Zivilorganisationen unterstützten den Protestzug, der bei nasskaltem Wetter vors Parlamentsgebäude zog.
Die Gewerkschaften haben dem Ministerpräsidenten Forderungen – darunter ein Ende des Überstundengesetzes – übergeben. Sollte Orbán nicht darauf reagieren, würden landesweit Streiks und Strassensperren errichtet.
Quasi Vollbeschäftigung
Dass Orbáns Regierungspartei gerade jetzt dieses umstrittene Gesetz eingeführt hat, erstaunt, geht es doch der ungarischen Wirtschaft derzeit gut. Doch das Gesetz hat einen triftigen Grund: im Land herrscht praktisch Vollbeschäftigung.
Der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nachzukommen hiesse aber Migranten ins Land zu locken – für Orbán und seine fremdenfeindliche Fidesz-Partei keine Option. Darum setzt die Regierung auf die Liberalisierung des Arbeitsrechts.
Fidesz unangefochten
Unlängst richtet sich der Unmut nicht bloss gegen Orbáns Arbeitsgesetz. Auch die zunehmend autokratischen Methoden seiner Regierung locken Menschen auf die Strasse. So wird auch gegen die Einschränkungen der Medien- und Wissenschaftsfreiheit, gegen regierungsfreundliche Berichterstattung des staatlichen Rundfunks und gegen Korruption rund um hochrangige Regierungsvertreter und ihren Familien demonstriert.
Trotzdem: Die rechtsnationale Regierungspartei Fidesz bleibt weiterhin unangefochten stärkste Kraft im Land. Sie zählt auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – den Zustimmungswerten tun die Proteste keinen Abbruch. Nach wie vor vereint sie laut Umfragen so viele Stimmen, wie alle Oppositionsparteien zusammen.