Österreich lehnt Uno Migrationspakt ab und irritiert

Benedikt Theiler
Benedikt Theiler

Österreich,

Österreich will den Uno Migrationspakt nicht unterzeichnen. Rechts glaubt man an eine Signalwirkung, links befürchtet man die Isolation.

strache kurz
Sebastian Kurz (l), ehemaliger österreichischer Bundeskanzler (ÖVP), und der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) während des Pressefoyers im Rahmen einer Sitzung des Ministerrats im Bundeskanzleramt. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Österreich sagt nein und tritt dem UN-Migrationspakt nicht bei.
  • Befürchtet wird ein Souveränitätsverlust des Landes, so die Begründung der Regierung.
  • Der Migrationspakt ist rechtlich jedoch nicht bindend.

Er mache es kurz: «Österreich sagt Nein – und tritt dem UN-Migrationspakt nicht bei», sagt Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der rechtspopulistischen FPÖ gestern Donnerstag in einer Videobotschaft erfreut. Man werde kein Regierungsmitglied an den UN-Gipfel nach Marrakesch schicken und den Vertrag nicht unterzeichnen.

Die österreichische Regierung begründet die Massnahme damit, dass der Pakt ungeeignet erscheint, um Migrationsfragen zu regeln. Einerseits könnte Österreich seine Souveränität in der Migrationspolitik verlieren, andererseits würde der Unterschied zwischen legaler und illegaler Migration verwischt.

Auch Guterres ist Migrant

Die Absicht des Globalen Pakt für sichere, geordnete und geregelte Migration (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration – GCM) ist es, die Migration als etwas grundsätzlich Positives darzustellen. Auch er sei ein Migrant, sagte etwa Uno-Generalsekretär Antonio Guterres. Zunächst in der Schweiz und heute in den USA, so der Portugiese vergangenen Sommer. Im Dezember soll nun in Marokko das Abkommen von den Staats- und Regierungschefs zeremoniell unterzeichnet werden.

António Guterres
Uno-Generalsekretär Antonio Guterres vor der Presse. - dpa

Auf den 34 Seiten der Vereinbarung sind 23 Ziele formuliert, die die internationale Zusammenarbeit in Sachen Migration fördern sollen. Fluchtursachen sollen gemeinsam bekämpft, Migration geordnet und geregelt werden. So soll reguläre Migration (etwa von Fachkräften) vereinfacht, illegale Migration hingegen verhindert werden. Die Rechte der Betroffenen werden zudem gestärkt.

Rechtlich nicht binden

Seit April 2017 wurde an der Formulierung der Vereinbarung gearbeitet und schliesslich im Juli 2018 ein Text verabschiedet, dem 192 der 193 UN-Mitglieder – darunter auch Österreich – zustimmten. Nur die USA lehnten den Text ab. Mann lasse sich nicht die Einwanderungspolitik vorschreiben, so die Begründung aus Washington.

Explizit steht jedoch im Dokument, dass der Migrationspakt ein «rechtlich nicht bindendes Abkommen» ist. Die nationale Souveränität werde gewahrt, insbesondere könnten die Staaten Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs selbst regeln. Die Vereinbarung ist demnach eine eher «weiche Verpflichtung», mit der zwar keine Rechte eingeklagt, dennoch politisch und moralisch Druck auf Staaten aufgebaut werden kann.

Kritik am Abkommen und Stimmungsmache

Dass die Kritik am Abkommen nicht ausbleibt, war zu erwarten – besonders, weil das Dokument in einigen Formulierungen unkonkret bleibt. Und besonders negative Aspekte der Migration werden im Dokument nur an wenigen Stellen erwähnt.

sebastian kurz
Der österreichische Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz nimmt an einer Pressekonferenz teil. - Keystone

Doch vor allem rechtspopulistische Regierungen – auch Polen, Australien und Ungarn werden den Vertrag wohl nicht unterzeichnen – nutzen den Anlass, ihrer Migrations- und Globalisierungskritik Gehör zu verschaffen. Das Nein aus Österreich ist deshalb wohl eher als rechte Polemik und Stimmungsmache gegen Flüchtlinge – und nicht als Kritik am Migrationspakt an sich – zu verstehen.

Interessant ist: Als ehemaliger Aussenminister war Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) selbst an der Ausarbeitung des Migrationspakts mitbeteiligt. Dass gerade er sich nun von der Vereinbarung distanziert, legt die Vermutung nahe, dass Kurz von Stimmungen aus der Bevölkerung und vom Koalitionspartner FPÖ getrieben ist.

Beifall aus der Schweiz

Gleichzeitig hat Kurz mit dem Nein für Entsetzen innerhalb der österreichischen Opposition gesorgt. Sie glauben, dass sich das Land in der Welt damit nur blamiere und gleichzeitig sich selbst isoliere. Bei der rechtspopulistischen FPÖ spricht man hingegen von einer Vorreiterrolle Österreichs.

Thomas Aeschi SVP Berset
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. - Keystone

Beifall gibt es dafür auch aus der Schweiz. So glaubt man in SVP-Kreisen an eine Signalwirkung nach dem Österreich-Entscheid. Ebenfalls wie im östlichen Nachbarland glaubt man auch hierzulande, dass mit dem Abkommen die staatliche Souveränität geschwächt werde – die Schweiz drohe sogar von der Migration überrollt zu werden.

Im National- und Ständerat sind derzeit zwei Motionen aus der SVP hängig, welche die Nichtunterzeichnung verlangen. Auch die Staatspolitische Kommission des Nationalrates verlangt in einer Motion einen Marschhalt. Der Bundesrat solle die Vereinbarung erst unterzeichnen, wenn es dem Parlament vorgelegt wurde. Dass die Motion in der Wintersession noch vor Unterzeichnung des Pakts in Marokko behandelt wird, ist jedoch unwahrscheinlich.

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