40 Stellen offen: Schweizer AKWs kämpfen gegen Fachkräftemangel
Die Betreiber der Atomkraftwerke in der Schweiz wollen ihre Anlagen noch 80 statt 60 Jahre laufen lassen. Dies wird ohne kompetentes Personal unmöglich.
Das Wichtigste in Kürze
- In Atomkraftwerken genügend qualifiziertes Personal zu finden, ist eine Herausforderung.
- Der Stromriese Axpo will aber einen Ausbau des Personals durchziehen.
- Jobausschreibungen werden immer attraktiver gemacht und Studenten werden angesteuert.
- Trotzdem sind derzeit rund 40 Stellen offen.
Die Betreiber der Atomkraftwerke in der Schweiz spielen mit dem Gedanken, ihre Anlagen statt 60 noch 80 Jahre zu benützen. Dabei stossen sie aber auf ein Hindernis: Kompetentes Personal zu finden, wird in Zukunft schwierig sein, schreibt die «NZZ am Sonntag». Insgesamt seien in den Kernkraftwerken Beznau, Gösgen und Leibstadt derzeit über 40 Stellen nicht besetzt.
Die Atomkraftwerke versuchen daher nun mit attraktiven Boni Berufe wie Reaktoroperateur oder Pikett-Ingenieur schmackhafter zu machen. In den Berufsausschreibungen wird von «überdurchschnittlich und grosszügigen» Vorsorgelösung gesprochen. Die essentielle Ausbildung in einer externen Schule kann bei vollem Lohn gemacht werden.
Hoffnungsschimmer: ETH-Studierende
Ebenfalls bemüht sich der Stromriese Axpo um die Studentinnen und Studenten der ETH Lausanne. Das berichtet Andreas Pautz, Professor für Nuklearingenieurwesen und Leiter des Bereichs Nukleare Energie und Sicherheit am Paul-Scherrer-Institut (PSI). An der ETH Lausanne wird der schweizweit einzige Nukleartechnik-Studiengang angeboten.
Pautz erzählt über die Axpo: «Sie ist direkt auf unsere Studierenden zugegangen und hat bereits einige von ihnen angeworben.» Der Studiengang Nuklearingenieurwissenschaften ist zurzeit beliebter denn je. Trotzdem werde es schwierig, die AKWs mit genügend angemessen ausgebildetem Personal zu füllen, meint Pautz: Die Kraftwerke werden auch auf ausländisches Personal setzen müssen.
Doch wieso herrscht in dieser Branche überhaupt so ein grosser Fachkräftemangel? Zum einen läge das am allgemeinen Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt, sagt Stefanie Oehler, Sprecherin des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi). Andererseits gäbe es einen «immer stärker werdenden Wettbewerb unter den Arbeitnehmern selber.» Ausserdem sind auch die Löhne für die anspruchsvolle Arbeit etwas niedrig, berichtet die «NZZ» weiter.
Zusätzlich braucht es, um im Atomkraftwerk arbeiten zu können, eine mehrjährige Ausbildung. Viele Atomkraftwerke sind unterschiedlich gebaut und benötigen andere Qualifikationen. Gerade für jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist dies abschreckend.
Laut dem Sprecher der Axpo, Noël Graber, habe das Unternehmen zurzeit noch Zugang zu genügend qualifiziertem Personal. Schaut man aber die Zahlen an, sieht man einen deutlichen Rückgang: Von 2020 zu 2022 ist das Personal im Atomkraftwerk Leibstadt von 514 auf 479 geschrumpft.
Das Ensi griff daraufhin ein: Gemeinsam mit der Axpo, welche das AKW Leibstadt leitet, einigt es sich auf einen Ausbau des Personals. Dies sei aufgrund der Sicherheit, der Pensionierungswelle und langfristigen Erneuerungsprojekten notwendig, bestätigt der Axpo-Informationsleiter Thomas Gerlach.
Personalmangel in AKWs sei ein länderübergreifendes Problem, sagt Stefanie Oehler. Ob die Axpo das AKW Leibstadt für 80 Jahre mit genügend Personal ausrüsten kann, wird sich zeigen.