Die AfD hat in Thüringen die Landtagswahl gewonnen, in Sachsen ist sie knapp hinter der CDU. Was das für die Schweiz bedeutet, sagt Politanalyst Mark Balsiger.
AfD Björn Höcke
Björn Höcke verlässt die Wahlparty der AfD. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im ostdeutschen Thüringen holt die AfD den Wahlsieg.
  • Das sei ein Stresstest für die Demokratie, sagt Polit-Analyst Mark Balsiger.
  • In der Schweiz seien die Abstimmungen ein wichtiges Ventil, um Druck abzulassen.
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Dieses Wahlergebnis sorgt weit über Deutschland hinaus für Furore. Die Alternative für Deutschland (AfD) gewinnt die Landtagswahlen in Thüringen mit 32,8 Prozent der Wählerstimmen klar. In Sachsen liegt sie mit 30,6 Prozent knapp hinter der CDU.

Damit hat erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine rechtsextreme Partei eine Wahl gewonnen. Die italienische Zeitung «La Repubblica» schreibt von einem «Erdbeben, das die Geschichte verändert».

AfD-Landeschef Björn Höcke jubelt und zeigt sich in Siegespose. Geht sein Siegeszug auch ausserhalb von Thüringen und Sachsen weiter? Das sei nicht zwingend, sagt der Berner Polit-Analyst und Buchautor Mark Balsiger. «Die Parteibindungen in Deutschland haben sich stark gelockert, mal ist eine Partei im Aufwind, dann sackt sie wieder ab.»

AfD gemäss Verfassungsschutz «erwiesen rechtsextrem»

Zudem sei es deutlich einfacher, Oppositionsrolle zu spielen, als Verantwortung in einer Regierung zu tragen. «Wer in der Opposition ist, kritisiert andere und macht Lärm.»

Die Ampelregierung mit SPD, FDP und den Grünen ist in vielen Punkten zerstritten. «Das lässt sie als schwach erscheinen», so Balsiger.

Höcke kann jubeln – und ist nun ein noch gefragterer Mann.
Bereits gestern, Sonntag, wurde gegen den Sieg seiner Partei demonstriert.
Höcke sei ein Nazi, so die Parolen.
Auch das neue Bündnis von Sahra Wagenknecht war auf Anhieb erfolgreich.
Bundestag
Das sei ein Stresstest für die Demokratie in Deutschland, sagt Polit-Analyst Mark Balsiger.

Dass die anderen Parteien dennoch eine Regierungsbildung und Zusammenarbeit mit der AfD verweigern, liege auf der Hand, so Balsiger. Denn der Verfassungsschutz stuft die AfD in drei Bundesländern, darunter Sachsen und Thüringen, als «erwiesen rechtsextrem» ein. Unter anderem wird ihr vorgeworfen, den Holocaust zu verharmlosen.

Alle Parteien hätten sich nicht nur im Wahlkampf klar von der AfD abgegrenzt, das Schlagwort dazu laute seit jeher Brandmauer. «Würde diese nun eingerissen, verlören sie ihre Glaubwürdigkeit. Eine Koalition mit der AfD einzugehen, sie also in die Regierung einzubinden, würde bedeuten, dass deren Gedankengut akzeptiert wird. Das will sich in Deutschland mit seiner belasteten Geschichte keine Partei antun», erklärt der Polit-Analyst.

Deutschschweiz ist Deutschland «kulturell sehr nahe»

Steht nun die Frage im Raum, wie stark die Schweiz den Wahlsieg der AfD in Thüringen zu spüren bekommt. «In der deutschen Schweiz sind wir Deutschland kulturell sehr nahe, klar. Wir kriegen vieles mit, was in unserem nördlichen Nachbarland passiert. Die Wahlresultate in Sachsen und Thüringen sollten wir allerdings nicht überbewerten», ordnet Balsiger ein.

Entscheidend sei, dass in der Schweiz alle drei Monate über Sachvorlagen abgestimmt werden könne. Deshalb seien viele Menschen hierzulande nahe an der Politik.

Hast du mit dem AfD-Resultat in Ostdeutschland gerechnet?

Und das helfe: «Nicht selten haben Abstimmungen ja die Wirkung eines Ventils – man kann Druck ablassen», betont er. Und nennt als Beispiel die Referenden zum jeweiligen Covid-19-Gesetz. In Deutschland könnten die Leute nur dank Wahlen mitbestimmen.

Fest steht gemäss Balsiger, dass die aktuellen Wahlresultate «ein Stresstest» sind für die Demokratie in Deutschland. Die Hysterie, die gerade seitens vieler Medien betrieben werde, helfe allerdings nicht weiter. «Bei Lichte betrachtet haben in Sachsen und Thüringen zwischen 67 und 69 Prozent der Wählerschaft die AfD nicht gewählt.»

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