AHV & Corona: Verbauen die Älteren den Jungen wirklich die Zukunft?
Mit rund 58 Prozent sagte die Schweizer Stimmbevölkerung am Sonntag Ja zur 13. AHV Rente. Wo müssen sich die Jungen als nächstes der «Generation AHV» fügen?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Schweizer Stimmvolk hat die 13. AHV Rente angenommen.
- Nun steht die Schweiz vor schwierigen Fragen bezüglich Generationengerechtigkeit.
- Eine Spaltung müsse unbedingt vermieden werden, sagt Soziologe Ueli Mäder.
Die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter» holte am Sonntag rund 58 Prozent der Stimmen. Somit soll ab 2026 eine 13. AHV an Rentner und Rentnerinnen ausbezahlt werden.
Das Rennen hat die ältere Generation entschieden. 80 Prozent der Personen ab 65 Jahren haben die Initiative angenommen.
Philosoph Ludwig Hasler warnte daraufhin in der «NZZ»: Die Generation-AHV bestimme ab jetzt, wo es politisch langgeht. Dabei hätten die Jungen in der Corona-Pandemie auch Rücksicht auf die Älteren genommen. Etwa, indem sie zu Hause blieben oder Masken trugen.
Hartwin Maas vom Institut für Generationsforschung in Augsburg hat die Abstimmung zur AHV mit Spannung verfolgt.
Klar ist für Maas: Dass sich bei ähnlichen Abstimmungen künftig im Verhalten etwas ändern wird, ist unwahrscheinlich. Zu Nau.ch sagt er: «Menschen werten das zeitlich Ferne ab und bewerten das zeitlich Nahe über. Je weiter das Geschehen weg ist, desto weniger Gewicht messen wir ihm bei», so der Zukunftsforscher.
Das Gleiche gelte auch für die Politik. «Eine langfristige politische Steuerung ist wichtig, nur denkt Politik kaum über Legislaturperioden hinaus.»
Soziologe Ueli Mäder widerspricht Philosoph
Corona, AHV – wird künftig also immer von den Älteren diktiert, wo's langgeht? Widerspruch gibt's von Soziologe Ueli Mäder – er sieht es anders als Philosoph Ludwig Hasler. «Ich stimme dem nicht zu», sagt er zu Nau.ch.
Mäder unterstreicht: «Die sogenannte Generation AHV hat ihre Renten selber verdient. Und sie hat mit längeren Arbeitszeiten für die kommende Generation erhebliche Leistungen erbracht.» Unter anderem für die Infrastruktur und die «mühsam erkämpften» Sozialversicherungen.
Ausserdem erhalten auch die heute Jungen eine 13. AHV, wenn die älter sind, so Mäder. Und diese sieht er nicht in Gefahr. «Geld ist genug vorhanden», sagt Mäder, «aber der politische Wille fehlt. Und der befeuerte Generationenkonflikt lenkt davon ab.»
Zudem hält Mäder fest: «Die Jungen waren bislang in der Mehrzahl, stimmten aber seltener ab. Das liegt in der eigenen Verantwortung.»
Wichtig findet Mäder, dass eine Spaltung vermieden wird. «Wenn Jung und Alt gemeinsam für mehr sozialen Ausgleich einstehen, dann profitieren alle davon. Das stärkt auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, erhöht das soziale und gesundheitliche Wohl sowie die Lebensqualität», so Mäder.
Ist etwas gerecht für die nächste Generation? Diese beiden Ansätze gibt es
Der Zukunftsforscher Maas stellt sich zudem die Frage: Was ist denn überhaupt gerecht für künftige Generationen? Es gebe zwei Ansätze.
Zum einen müssten die Minimalbedingungen für ein gutes Leben erfüllt sein. Das Problem bei der sogenannten «suffizientaristischen Position» der Generationsgerechtigkeit: Oberhalb der Schwelle ist den Jungen nichts geschuldet.
Ein zweiter Denk-Ansatz für die Älteren wäre: «Es muss ihnen genauso gut gehen wie uns», so Maas. Die Schwierigkeit der «egalitaristischen Orientierung»: «Woher sollen die Alten wissen, was die Jungen sich später wünschen?»