Der Markt für alkoholfreie Weine versucht, sich zu etablieren. Doch es gibt zahlreiche Herausforderungen und Hindernisse zu bewältigen.
Wein
Alkoholfreier Wein ist mehr als einfach nur Traubensaft. - Unsplash

Wein ist im wachsenden Markt für alkoholfreie Getränke ein Spezialfall. Trotz steigender Nachfrage ist es noch immer schwierig, geschmacklich überzeugende Wein-Alternativen ohne Alkohol zu finden. Ihre Entwicklung läuft, es gibt aber diverse Hindernisse. Das erste Problem ergibt sich für die Produzenten schon bei der Bezeichnung ihres Produktes.

Probleme beginnen schon bei Benennung

«Die grundlegende Definition von Wein der Internationalen Organisation für Rebe und Wein umfasst ausschliesslich ein Getränk, das durch die vollständige oder teilweise alkoholische Gärung von Weintrauben entsteht», sagt Hélène Noirjean, Direktorin des Schweizerischen Weinbauverbands Swiss Wine.

Der Mindestgesamtalkoholgehalt liege laut der Organisation bei mindestens 7 Prozent. Alkoholfreier Wein könne deshalb nicht als «Wein» bezeichnet werden, sagt sie. Gängige Begriffe sind etwa «Getränk auf Weinbasis», «entalkoholisierter Wein» oder auch «alkoholfreier Wein», wobei ein solcher – anders als «Wein ohne Alkohol», der gar keinen Alkohol enthalten darf – einen Alkoholgehalt von maximal 0,5 Prozent aufweisen darf.

Mangel an Weinkonzernen nachteilig für Entwicklung

Ein weiteres Hindernis ist die starke Fragmentierung des Weinmarktes. Anders als etwa die Märkte für Bier oder Spirituosen wird der Weinmarkt kaum von grossen, internationalen Konzernen beherrscht.

Dabei wäre genau das für die Entwicklung von alkoholfreiem Wein förderlich. «Ein multinationaler Konzern hat die Mittel, ausreichend in Forschung und Entwicklung zu investieren, um am Ende ein zufriedenstellendes Produkt zu haben», sagt Ettore Müller, kaufmännischer Leiter von Gialdi Vini in Mendrisio, der eine Dissertation zum Thema verfasst hat.

Dadurch kommt die Entwicklung weniger schnell voran, als das etwa beim Bier der Fall ist. Alkoholfreies Bier komme dem Geschmack des Originals oft schon sehr nahe, so Müller. Dessen Herstellung sei jedoch auch einfacher, denn man müsse Bier weniger Alkohol entnehmen als Wein, der bekanntlich einen höheren Alkoholgehalt hat.

Entalkoholisierter Wein verliert Geschmack

Um den Alkoholgehalt zu senken, muss der Wein bei niedrigen Temperaturen destilliert werden. Dabei verliere er einen Grossteil seines Geschmacks. «Alkohol ist ein bisschen wie Salz in einem Gericht, daher bedeutet das Entfernen von Alkohol, dass der Wein fader wird», erklärt Müller.

Einige Aromen würden zwar isoliert und später dem Wein wieder beigefügt. Darum würden teils auch Zusatzstoffe beigefügt, um das Getränk dem Original anzunähern. Hélène Noirjean von Swiss Wine verweist auf Versuche, die gezeigt hätten, dass die Wein-Alternativen «nicht überzeugend» seien.

Auch beim Preis sehen sich die Hersteller vor Herausforderungen gestellt. Alkoholfreier Wein wird zuerst wie das Original hergestellt und dann im Nachgang mithilfe von teuren Gerätschaften entalkoholisiert. Somit ist er in der Herstellung teurer als «normaler» Wein.

Alkoholfreier Wein wird gegoren wie herkömmlicher - der Alkohol wird später entfernt.
Alkoholfreier Wein wird gegoren wie herkömmlicher - der Alkohol wird später entfernt. - Christin Klose/dpa-tmn

Doch dies wird über den Verkaufspreis nicht ausgeglichen: Alkoholfreier Wein werde in der Regel sogar günstiger verkauft als das Original, sagt Müller.

So sei der Druck für Schweizer Winzer aktuell noch gering, alkoholfreie Weinalternativen herzustellen. Nach Müllers Kenntnis gibt es hierzulande noch keinen Hersteller. Auch Zweifel an den Absatzmöglichkeiten des Produkts, das von «echten» Weinliebhabern noch nicht ausreichend anerkannt werde, bremste die Investitionen.

Doch die Nachfrage steigt. Gerade die Hotellerie und Gastronomie wolle mit Alternativen auf der Weinkarte die internationale Kundschaft – etwa aus dem Nahen Osten – zufriedenstellen, die immer öfter entalkoholisierten Wein verlange. Insgesamt werde der Markt wohl «in fünf Jahren dort sein, wo der Biermarkt vor 20 Jahren war», so Müller.

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