Amnesty-Untersuchung zu sexueller Gewalt: «Ins Schweigen gedrängt»
Amnesty International veröffentlichte eine Umfrage zur sexuellen Gewalt, die eine hohe Dunkelziffer vermuten lässt. Eine Expertin warnt vor der Stigmatisierung.
Das Wichtigste in Kürze
- Nur wenige Frauen äussern sich zu erlebten sexuellen Übergriffen.
- Zu diesem Schluss kommt eine Umfrage von Amnesty International.
- Expertin Agota Lavoyer warnt vor der Stigmatisierung der Opfer und rät zu Weiterbildungen.
Eine repräsentative Studie von Amnesty International kommt zu einem haarsträubenden Ergebnis. So hatten etwa 12 Prozent der befragten Frauen Geschlechtsverkehr gegen ihren eigenen Willen. Und knapp die Hälfte der Frauen hatte Erfahrungen mit Übergriffen, diese aber für sich behalten.
«Es gibt viele Gründe, die Frauen zum Schweigen verleiten», sagt Agota Lavoyer. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Fachstelle Lantana, einer Anlaufstelle für Opfer sexueller Gewalt. Die Expertin sagt: «Legt man die Tat offen, riskiert man extrem viel.»
Übergriffe werden erst Jahre danach geschildert
So werde Opfern beispielsweise nicht geglaubt oder man werde mitverantwortlich für die Tat gemacht. Dazu komme: «Die Frauen riskieren eine Retraumatisierung.» Diese Gründe hielten laut Lavoyer viele Opfer davon ab, das Schweigen zu brechen.
So komme es, dass Opfer sexueller Gewalt sich erst nach Monaten oder Jahren äussern würden. «Die Opfer werden ins Schweigen gedrängt», so Lavoyer. Sie fügt an: «Es ist unsere Aufgabe als Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass die Stummheit gebrochen werden kann.»
Lavoyers Ansatz: Weiterbildungen, etwa für Fachpersonen. Zudem müsse die breite Gesellschaft über sexuelle Gewalt, ihr Ausmass und die Folgen aufgeklärt werden. Denn: Es könnten alle Opfer werden.