Am ersten Prozesstag verhört der Richter im An'Nur-Prozess in Winterthur die Angeklagten. Der erste verteidigte sich am Montagmorgen.
Ein vermummter Mann betritt das Winterthurer Bezirksgericht.
Ein vermummter Mann betritt das Winterthurer Bezirksgericht. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Winterthur hat heute der Prozess gegen zehn Personen begonnen.
  • Der erste Angeklagte verteidigte sich gegen die Vorwürfe der Justiz.
  • Er habe nicht geschlagen, sondern nur gespuckt und geschimpft, sagte er vor Gericht.
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Der erste von zehn Beschuldigten im Winterthurer An'Nur-Prozess hat am Montag jegliche Vorwürfe von sich gewiesen. Die Vorwürfe seien übertrieben und das meiste sei gelogen. «Niemand wurde geschlagen.»

Die zwei Geschädigten hätten ja gar keine Verletzungen, sagte er bei der Befragung in trotzigem Ton. Er selber habe die beiden nur angespuckt und als «Idiot» und «Dummkopf» beschimpft, mehr aber nicht. «Schauen Sie mich an, ich bin klein und schwach, ich könnte das gar nicht.» Er vermutet eine Verschwörung von Justiz und Medien, um die Gläubigen der An'Nur-Moschee fertigzumachen.

Diese Aussagen widersprechen jedoch den Aussagen einer Polizistin, die am Abend des Angriffs in der Moschee war. Sie habe noch nie so verängstigte und eingeschüchterte Personen gesehen, gab sie zu Protokoll. Einer der Angegriffenen hatte zudem eine Beule am Kopf.

Ein vermummter Mann läuft in das Winterthurer Bezirksgericht, aufgenommen am Montag, 1. Oktober 2018 in Winterthur.
Ein vermummter Mann läuft in das Winterthurer Bezirksgericht, aufgenommen am Montag, 1. Oktober 2018 in Winterthur. - keystone

Dem jungen Mann und seinen neun Kollegen wird vorgeworfen, im November 2016 zwei Gläubige in der An'Nur-Moschee eingesperrt und verprügelt zu haben. Die Angreifer waren überzeugt, dass die Opfer Informationen an einen Journalisten weitergegeben hatten.

Während rund zwei Stunden wurden die beiden «Verräter» drangsaliert. Einer wurde unter anderem dazu gezwungen, eine Zehnernote zu schlucken, weil er «seine Religion für Geld verkauft» habe. Dem anderen gelang es schliesslich, von der Toilette aus SMS-Hilferufe an einen Polizisten zu schicken.

Die Anklage fordert, die zehn Angreifer mit teilbedingten Freiheitsstrafen in unterschiedlicher Höhe zu bestrafen, unter anderem wegen Freiheitsberaubung, Nötigung, Drohung und Körperverletzung. Die Beschuldigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit sollen zudem des Landes verwiesen werden.

Moschee mittlerweile geschlossen

Die An'Nur-Moschee im Winterthurer Stadtteil Hegi geriet im Zusammenhang mit Dschihad-Reisenden mehrfach in die Schlagzeilen. Mehrere Jugendliche aus ihrem Umfeld sollen nach Syrien gereist und sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben.

Die Vermieterin der Liegenschaft, in dem sich die Moschee befand, beendete deshalb das Mietverhältnis. Weil der Verein kein neues Lokal fand, wurde er inzwischen aufgelöst.

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