An'Nur Prozess mit zehn angeblich Unschuldigen
Das Wichtigste in Kürze
- Heute Montag verhörte der Richter im An'Nur-Prozess in Winterthur die Angeklagten.
- Dabei haben die Beschuldigten jegliche Vorwürfe von sich gewiesen.
Für die Beschuldigten ist das alles eine grosse Verschwörung. Hier solle ein Zeichen gegen die «bösen Salafisten und Terroristen» gesetzt werden. Die Privatkläger, also die beiden Anzeigeerstatter, die Medien und die Justiz würden dafür gemeinsame Sache machen, sagten gleich mehrere der Beschuldigten in ihrer Befragung.
Vor Gericht stehen diese Woche acht Gläubige der mittlerweile geschlossenen An'Nur-Moschee sowie der damalige Imam und der Vereinspräsident, der erst wenige Tage vor dem Vorfall Präsident wurde.
Den zehn Männern wird vorgeworfen, im November 2016 zwei junge Nordafrikaner eingesperrt, verprügelt und mit dem Tod bedroht zu haben. Die Beschuldigten seien überzeugt gewesen, dass die beiden «Spitzel» einem Journalisten Film- und Fotoaufnahmen aus dem Inneren der umstrittenen Moschee verkauft hätten.
Die acht jungen Männer waren gemäss Anklage für die Gewalt und die Todesdrohungen zuständig, der Imam und der Vereinspräsident schliesslich für das «Spitzel-Geständnis», das die Opfer im abgeschlossenen Büro hätten vorsprechen mussten.
Verbale statt körperlicher Gewalt
Nur einer der Beschuldigten gab heute Montag jedoch zu, wütend geworden zu sein. Er räumte ein, den einen Anzeigeerstatter wegen der Handyfotos aus dem Gebetsraum als «Idiot» und «Dummkopf» betitelt und angespuckt zu haben. Gewalt habe es aber keine gegeben, sagte er übereinstimmend mit seinen Glaubensbrüdern.
Der Imam und der Vereinspräsident wiederum beteuerten, mit den beiden Gläubigen nur das Gespräch gesucht zu haben. Dabei widersprachen sie sich jedoch beim wichtigen Detail, ob die Bürotüre dabei abgeschlossen war oder nicht.
Nächster Prozesstag am Dienstag
Die Anklage fordert, die zehn Männer mit teilbedingten Freiheitsstrafen in unterschiedlicher Höhe zu bestrafen, unter anderem wegen Freiheitsberaubung, Nötigung, Drohung und Körperverletzung. Jene mit ausländischer Staatsangehörigkeit sollen zudem bis zu zehn Jahre des Landes verwiesen werden.
Der Prozess wird am Dienstag mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Danach folgen die Vorträge der zehn Anwälte.