Antisemitismus: «Judenhass kommt aus der Mitte der Gesellschaft»

Simon Binz
Simon Binz

Zürich,

Antisemitismus in der Schweiz hat seit dem 7. Oktober stark zugenommen. Laut einer Expertin kommt der Judenhass hierzulande «aus der Mitte der Gesellschaft».

Antisemitismus
Judenhass hat in der Schweiz seit dem 7. Oktober stark zugenommen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Antisemitische Vorfälle in der Schweiz haben seit dem 7. Oktober stark zugenommen.
  • Laut einer Expertin unterscheidet sich der rechte, linke und muslimische Judenhass nicht.
  • «Antisemitismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft», sagt Historikerin Christina Späti.

In der Schweiz wurde in den letzten Monaten ein deutlicher Anstieg von antisemitischen Äusserungen und Übergriffen registriert. Das zeigt der neueste Antisemitismus-Bericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG). Es hat in den vergangenen Monaten eine «regelrechte Antisemitismus-Welle» gegeben, heisst es.

«SRF News» hat zu dem Thema mit Christina Späti gesprochen. Die Historikerin forscht zum Thema Judenhass und sagt, der 7. Oktober – also der Überfall der Hamas auf Israel – sei ein «Trigger-Ereignis» gewesen.

Macht Ihnen der zunehmende Antisemitismus in der Schweiz Sorgen?

«In der Folge wurde der Nahost-Krieg wieder zu einem medialen Ereignis», sagt Späti und betont, dass solche «Trigger-Ereignisse» immer wieder zu einem Anstieg von Antisemitismus führen. «Es gibt dann mehr Gelegenheit, sich antisemitisch zu äussern. Ausserdem schauen es manche Leute als erlaubt an, sich antisemitisch zu äussern, auch wenn sie das sonst nicht tun würden.»

In früheren Erhebungen des Bundesamtes für Statistik ist zu erfahren, dass in der Schweiz bis zu einem Viertel der Befragten antisemitische Stereotypen bejahten. Späti betont, dass dies zeige, dass Antisemitismus nicht bloss ein Problem an den Rändern des politischen Spektrums sei.

Antisemitismus
2024 stiegen die antisemitischen Vorfälle in der Westschweiz um fast 90 Prozent. (Symbolbild) - keystone

«Antisemitismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft – es gibt dort also quasi einen antisemitischen Wissensstand. Und weil man sich wenig mit dem Thema beschäftigt, ist vielen nicht bewusst, dass gewisse Aussagen antisemitisch konnotiert sein können.»

Rechter, linker und muslimischer Antisemitismus

Zum Unterschied zwischen linkem und rechtem Judenhass, meint die Historikerin, dass der Antisemitismus sich durch immer gleiche Stereotypien und Deutungsmuster auszeichne, die eine lange Geschichte hätten.

«Das äussert sich links und rechts dann in verschiedenen Kontexten oder beide Seiten benutzen andere Aspekte dieses Spektrums.» Laut Späti würden sich im rechten Antisemitismus eher «verschwörungstheoretische Momente» oder «kulturpessimistische Zuschreibungen» an Juden finden.

Während im linken Spektrum sich eher Verbindungen zum Kapitalismus und «angeblichem Reichtum» finden würden. «Trotz unterschiedlicher Schwerpunkte – der Antisemitismus ist immer der gleiche.» In Bezug auf das Attentat von Zürich sagt die Historikerin, dass sich auch der muslimische Antisemitismus nicht von jenem im linken und rechten Milieu unterscheidet.

Es gebe grundsätzlich nur einen Antisemitismus, sagt die Professorin für Zeitgeschichte an der Uni Freiburg. «In muslimischen Kreisen gibt es womöglich stärkere religiöse Bezüge oder aufgrund der Herkunft solche auf Israel. Aber der Antisemitismus ist immer der gleich.»

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