Antisemitismus verlagert sich immer mehr ins Internet
Die Zahl physischer und verbaler antisemitischer Vorfälle in der Deutschschweiz ist 2018 mit 42 Vorfällen stabil geblieben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Antisemitismus in der Deutschschweiz scheint sich ins Internet zu verlagern.
- Besorgniserregend ist die grosse Zahl antisemitischer Äusserungen und Drohungen im Interne
Sachbeschädigungen habe es keine gegeben, heisst es in dem am Donnerstag veröffentlichten Antisemitismusbericht für die Deutschschweiz des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA).
Während es im vergangenen Jahr in den Nachbarländern der Schweiz wiederholt zu schwerer physischer oder sogar tödlicher Gewalt gegenüber jüdischen Menschen gekommen sei, seien «Schweizer Jüdinnen und Juden davon glücklicherweise grösstenteils verschont worden», heisst es im Vorwort des Berichts. Es müsse aber von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden.
Auf ähnlich hohem Niveau wie im europäischen Ausland dürfte sich jedoch das Ausmass antisemitischer Äusserungen und Drohungen im Internet bewegen, stellt der Bericht fest. Online in den sozialen Medien und den Kommentarspalten von Zeitungen wurden 535 entsprechende Vorfälle registriert.
Bei 148 Vorfällen ging es dabei allgemein um Antisemitismus, bei 37 und Schoah-Leugnungen oder Banalisierungen, 170 waren israelbezogene Äusserungen und 222 zeitgenössische antisemitische Verschwörungstheorien. Gerade solche wirrsten Verschwörungstheorien hätten heute enorm Konjunktur, stellt der Bericht fest.
Über 90 Prozent der erfassten Online-Vorfälle stammten von den Social-Media-Plattformen Facebook und Twitter. Weit weniger antisemitische Beiträge gibt es in den Kommentarspalten auf den Webseiten der Schweizer Zeitungen.
Laut dem Bericht ist es auffallend, dass viele Userinnen und User im Internet mit eigenem Namen und gut erkennbarem Profilbild antisemitische Aussagen posten. Das zeige deutlich, wie stark Antisemitismus heute wieder salonfähig geworden sei, gerade auch im digitalen Raum.
Für den SIG und die GRA ist es unabdingbar, dass viel stärker auf Prävention etwa durch fachkundige Aufklärung, Information und Dialog zwischen den diversen Vertretern der Schweizer (Minderheiten-)Gesellschaft gesetzt werden muss. In erster Linie der Staat sei gefordert, damit die Prävention vor allem auch in Schulen und im öffentliche Raum intensiviert werde.
Die Coordination intercommunautaire contre l'antisémitisme et la diffamation (CICAD) hatte bereits im Februar mitgeteilt, dass im vergangenen Jahr 174 antisemitische Vorfälle in der Westschweiz erfasst worden sind. Das waren 24 mehr als noch im Vorjahr.