Armeeseelsorge erweitert ihr religiöses Spektrum
Die Schweizer Armee hat erstmals Vertreter der jüdischen und muslimischen Religion als Armeeseelsorger aufgenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Schweizer Militär erweitert ihr religiöses Spektrum.
- Erstmals wurden Armeeseelsorger der jüdischen und muslimischen Religion aufgenommen.
Nachdem die jüdischen und muslimischen Armeeseelsorger im Schweizer Militär aufgenommen wurden, besuchen sie einen dreiwöchigen Lehrgang. Dabei werden sie auf ihre Aufgaben in den Truppenverbänden vorbereitet und stehen dann allen Armeeangehörigen zur Seite.
Aktuell sind in der Schweizer Armee 171 Seelsorgerinnen und Seelsorger tätig, sie leisten jährlich freiwillig mindestens zehn Diensttage.
Sie führen Gespräche mit Armeeangehörigen, halten Rituale ab und stehen auch als Notfallseelsorger im Einsatz. Dies erklärt Samuel Schmid, Chef Armeeseelsorge, am Donnerstag in Luzern anlässlich eines Fachgesprächs.
Die Mehrheit ist katholisch oder reformiert
Die Mehrheit hat einen katholischen oder reformierten Hintergrund. 2020 wurden auch Freikirchliche Vertreterinnen und Vertreter zum Dienst zugelassen. Im vergangenen Jahr schloss die Armeeseelsorge Partnerschaften mit der Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz und dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund.
Somit sind beim aktuellen Lehrgang mit 29 Teilnehmenden erstmals auch drei nichtchristliche Vertreter dabei. Diese werden anschliessend in den Rang eines Hauptmanns erhoben. In der Vergangenheit habe die Armeeseelsorge zu wenig Kapazitäten gehabt, sagte Schmid.
Grosse Nachfrage vorhanden
Alleine während der Coronapandemie hätten ihre Vertreterinnen und Vertreter über 10'000 Einsätze im Assistenzdienst geleistet. Trotz Säkularisierung ist laut Schmid Gesprächsbedarf in der Armee vorhanden, viele Fälle beträfen das zivile Leben. Er erlebe eine Generation von jungen Menschen, die bereit seien, über ihre Bedürfnisse zu sprechen, sagte Schmid.
Wer zur Armeeseelsorge zugelassen werden will, muss eine Rekrutenschule absolviert haben oder einen dreiwöchigen Schnellkurs in militärischer Grundausbildung. Zudem muss er oder sie über seelsorgerische und theologische Kompetenzen verfügen und von seiner Religionsgemeinschaft vorgeschlagen werden. Damit stelle man die religiöse Verankerung sicher, sagte Schmid.
Auch ein Auswahlverfahren müssen die Bewerbenden durchlaufen. Darin werde etwa geprüft, ob sie die Werte Offenheit und Respekt vertreten, beispielsweise im Bezug auf Homosexualität. Auf die Werte haben sich die Armeeseelsorge und die 19 Partner im Voraus geeinigt. Man habe, sagte Schmid, auch schon Bewerber durchfallen lassen.
Missionieren ist ein «No go»
Missionieren sei ein «No go» bei der Armeeseelsorge. Dass dies und andere unerwünschte Handlungen nicht vorkämen, stelle man mit einem mehrstufigen Controlling sicher.
Auch wenn nun Armeeseelsorgerinnen und Seelsorger mit weiteren religiösen Hintergründen ausgebildet werden: Sie sind für alle Armeeangehörigen zuständig, egal ob religiös oder nicht. «Wir wollen nicht polarisieren, sondern integrieren», sagte Schmid. Damit knüpfe man an eine historische Entwicklung an: 1894 wurde die Feldpredigergesellschaft gegründet, in der sich reformierte und katholische Geistliche vereinten.
Grundlage für die Armeeseelsorge sei die Transzendenz, sagte Schmid. Konfessionslose Seelsorger gibt es keine. Mit der religiösen Öffnung der Armeeseelsorge soll dereinst auch das Dienstzweig-Abzeichen, das bisher ein Kreuz zeigt, angepasst werden.