Bald gibts eine Million Schulkinder in der Schweiz
In den nächsten Jahren dürfte die Zahl der Schulkinder in der Schweiz auf eine Million ansteigen. Neben dem Lehrermangel führt das aber auch zu Schulraumnot.
Das Wichtigste in Kürze
- Bald dürfte es in der Schweiz eine Million Schulkinder geben.
- Der Schweiz droht neben dem Lehrermangel künftig auch die Schulraumnot.
- In den nächsten zehn Jahren sollten etwa 200 Schulhäuser und 250 Kindergärten entstehen.
Bald dürfte es in der Schweiz eine Million Schulkinder geben. Vor allem Städte und gut erschlossene Vorortsgemeinden sind bei Familien beliebt, da sie meist gute Kinderbetreuung anbieten. Das führt allerdings dazu, dass nebst Lehrpersonenmangel oft jetzt schon Schulraumnot besteht, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.
Eine für die Zeitung durchgeführte Modellrechnung zeigt, dass in Wachstumsgemeinden in den nächsten zehn Jahren Raum für insgesamt rund 3000 zusätzliche Klassen erstellt werden muss. Das ergibt etwa 200 neue Schulhäuser und 250 neue Kindergärten. Da Schulen zunehmend auch Mittagstische und Betreuung anbieten müssen, dürfte der tatsächliche Bedarf sogar noch höher liegen.
Heutzutage ziehen die Familien in der Schweiz nicht mehr aufs Land, sondern in die Städte und deren Vororte. Kurze Arbeitswege und mehr Betreuungseinrichtungen – ideale Bedingungen für Alleinerziehende oder Doppelverdiener mit Kindern. So müssen städtische Gegenden ihren Schulraum ausbauen. In Zürich plant man pro Jahr durchschnittlich zwei neue Schulbauten, in Bern eine.
Polizeiwache wird zum Klassenzimmer
Hochgerechnet müsste rund ein neuer Schulbau pro Woche entstehen. In der Realität wird auf Provisorien und Improvisation gesetzt. In Wil SG wird die alte Polizeiwache kurzerhand zum Klassenzimmer umgebaut. «Es dürfte für die Kinder ein sehr spannendes Schuljahr werden», sagt Stadtrat Jigme Shitsetsang der Zeitung.
Die Stadt Zürich macht aus einem alten Radiostudio neuer Schulraum und will die Kirche Wipkingen zu einem Betreuungs- und Verpflegungsraum umnutzen. Vielerorts werden Räumlichkeiten der Kirchgemeinden für Horte oder Mittagstische genutzt. Die rückläufigen Mitgliederzahlen der Kirchen sind eine Chance für wachsende Schulen.
Schul-Container als Notlösung
Geht der Schule der Platz aus, klingelt bei Oliver Annaheim das Telefon. Der Chef der Winterthurer Condecta AG nennt seine Schul-Container «modulare Räume». Mit einem Baustellen-Container habe dies nicht mehr viel zu tun.
Das Geschäft floriert. Zurzeit seien rund 1500 Module vermietet und 1000 verkauft. Annaheim geht von einer weiter steigenden Nachfrage aus: «Wir rechnen bei der Modulvermietung noch mindestens für die kommenden fünf Jahre mit einer jährlichen Zuwachsrate von zehn Prozent.»
Gemeinden müssen vorausplanen
Wieso hinkt die Schweiz bei der Schulraumplanung so hinterher? Die Frage beantwortet Sonja Schiffner, Stadtverwaltung Liegenschaften in Adlis ZH, der «NZZ am Sonntag». Sie hat sich im Rahmen einer Masterarbeit mit der Planung von Schulbauten befasst.
Es sei eine Kombination verschiedener Faktoren, die Gemeinden ans Limit bringt. Die Schulbaurichtlinien 2009 haben im Kanton Zürich den Flächenbedarf um 24 Prozent erhöht, dazu kommen Betreuungsangebote, Wohnbautätigkeit, Verdichtung und Geburtenzuwachs.
Sieben Jahre dauert es in der Regel von der Planung bis zum Bezug eines neuen Schulbaus. Kinder kommen aber schon mit vier Jahren in den Kindergarten. «Schulraumprognosen sind sehr komplex und mit grossen Unsicherheiten behaftet.»
Es lohne sich, grosszügig und vorausschauend zu planen oder zumindest Erweiterungen vorzubereiten: «Je grösser das geplante Volumen, desto günstiger werden die einzelnen Klassenräume.» Müssen später Provisorien errichtet werden, werde es teurer.