Berner Oberländer Beiz verlangt 26 Stutz für Hahnenwasser
Bergwasser, Gletscherwasser oder Jungfrau-Wasser: So romantisch verkaufen Oberländer Beizen ihr Hahnenwasser – teils für teures Geld. Das sorgt für Frust.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Jungfrau-Region muss man in vielen Beizen für Hahnenwasser bezahlen.
- Eine Touristin warnt andere: Für sechs Gläser wurden ihr 26 Franken verrechnet.
- Der Konsumentenschutz kritisiert Beizen, die Kosten fürs Hahnenwasser nicht deklarieren.
Es ist eine der beliebtesten Tourismus-Regionen der Schweiz: Das Berner Oberland, vor allem die Jungfrau-Region. Gerade im Sommer machen Beizen und Hotels mit Touris aus dem Aus- und Inland ihr Geld.
Doch was bei einigen von ihnen für Staunen sorgt: Diverse Restaurants in der Region verlangen für Hahnenwasser hohe Beträge. Eine englischsprachige Touristin zum Beispiel warnt auf Facebook andere Reisende vor den Preisen.
Sie hat für sechs Gläser Hahnenwasser über 26 Franken bezahlt – etwas, womit sie nicht gerechnet hatte. Dazu teilt sie ein Foto der Rechnung. Aus welcher Beiz sie stammt, ist unklar, auf eine Anfrage von Nau.ch reagiert die Frau nicht.
Sie betont jedoch, ausdrücklich nach Hahnenwasser verlangt zu haben. Das erscheint auf der Rechnung dann unter dem romantischen Begriff «Jungfrau-Wasser».
Romantische Bezeichnungen für Hahnenwasser
Kein Einzelfall. Eine Stichprobe von Nau.ch bei diversen Restaurants zeigt, dass Hahnenwasser in der Region oftmals mit schönen Namen aufgehübscht wird.
Andere Beispiele sind Bergwasser oder Gletscherwasser. Teilweise wird in der Getränkekarte deklariert, dass es sich dabei um normales Hahnenwasser handelt, teilweise ist es unklar.
Das Hotel Jungfraulodge in Grindelwald BE zum Beispiel ist zwar transparent: In der Karte schreibt es ehrlich, das angebotene Jungfrau-Wasser sei einfach Hahnenwasser. Trotzdem verlangt man hier dafür einen stolzen Preis von fünf Franken für fünf Deziliter.
Auf Anfrage heisst es dazu: «Diese Gebühr wird nur berechnet, wenn ein Gast ausschliesslich Leitungswasser bestellt. Der Preis ist im Zusammenhang mit unserer Dienstleistung gerechtfertigt.»
Beizen müssen klar deklarieren, dass Hahnenwasser kostet
In anderen Beizen ist Kloster-, Berg-, Gletscher- oder Jungfrau-Wasser gefiltertes Hahnenwasser, wieder andere schreiben dazu gar nichts. Das kritisieren sowohl der Konsumentenschutz als auch der Branchenverband Gastrosuisse.
Josianne Walpen vom Konsumentenschutz betont: «Aus unserer Sicht ist es unabdingbar, dass für die Gäste klar deklariert wird, dass und wie viel Hahnenwasser kostet.» Es müsse zudem deutlich von Mineral- und Quellwasser unterschieden werden, heisst es bei Gastrosuisse.
Und: Der Preis sollte angemessen sein, ergänzt Walpen – «das wird aber je nach Standpunkt sehr unterschiedlich interpretiert». Der Touristin waren 26 Franken für sechs Gläser jedenfalls zu viel.
Gäste beschweren sich über hübsche Namen für Hahnenwasser
Ob in Tourismusregionen Hahnenwasser häufiger kostenpflichtig angeboten wird, ist nicht bekannt. Die Stichprobe zeigt jedoch: Die meisten Beizen, die die Tourismusorganisation Jungfrau bewirbt, verkaufen kostenpflichtiges Gletscher- Berg- oder Jungfrau-Wasser.
Ob es sich dabei um gewöhnliches Hahnenwasser handelt, wird nicht deklariert. Ausser bei der Jungfraulodge, die zugibt, dass Jungfrau-Wasser Leitungswasser ist, haben alle kontrollierten Beizen, die Gletscherwasser und Co. anbieten, kein Leitungswasser auf der Karte.
Laut Gastrosuisse sind Beizen mit kostenpflichtigem Hahnenwasser jedoch die Ausnahme. Schweizweit würden es fast 90 Prozent gratis anbieten.
«Personal spült das Glas»
Dort, wo das nicht der Fall ist, beschweren sich auch immer wieder Gäste. Josianne Walpen vom Konsumentenschutz sagt: «Zu uns gelangen insbesondere die Fälle, in denen überrissene Preise verlangt werden. Oder bei denen gewöhnliches Wasser aufgehübscht wird, indem man es eben Bergwasser oder Jungfrau-Wasser nennt.»
Vor Ort gibt man sich verschlossen. Eine Sprecherin von Jungfrau Tourismus erklärt auf Anfrage, sich nicht über Reaktionen der Gäste äussern zu können.
Sind die Preise fair, gibt es aber auch Verständnis für Beizen, die beim Hahnenwasser Geld verlangen. «Denn Service, Abwasch, Infrastruktur und so weiter müssen ja trotzdem bezahlt werden», sagt Walpen.
Das betont auch Gastrosuisse. «Das Personal spült das Glas und der Gast hält sich während der Konsumation im angenehmen Ambiente eines Lokals auf. Dafür fallen Miete, Strom- und Heizkosten an.» Zudem würden viele der Beizen, die dafür Geld verlangen, ihr Hahnenwasser extra filtern.