Billett-Kontrolle in Berner Zug eskaliert – Frau wird handgreiflich
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Berner Zug beschimpft eine Frau eine Kontrolleurin und andere Passagiere.
- Der Grund: Sie hat kein gültiges Billett – und die Kontrolleurin drückt kein Auge zu.
- Am Schluss artet der Streit gar in einem Handgemenge aus.
Seit Corona hat das Zugpersonal vermehrt mit Anfeindungen und aggressiven Fahrgästen zu kämpfen. In einem Zug von Bern nach Langenthal BE kommt es nun erneut zu einem Zwischenfall: Eine Frau ohne Billett rastet komplett aus, als sie kontrolliert wird.
Am Dienstagvormittag ist ein Zug der Südostbahn SOB von Bern in Richtung Langenthal unterwegs. Mit dabei ist auch eine Mitarbeiterin, welche die Billetts kontrolliert.
Schon kurz nach der Abfahrt in Bern kommt sie zu einem Paar. Beide, der Mann und die Frau, haben kein gültiges Ticket. Sie wollen mit der Kontrolleurin diskutieren, doch diese beharrt darauf, die Personalien aufzunehmen.
«Wenn noch einmal einer so dumm schnauft, schlage ich zu!»
«Mit der musst du gar nicht diskutieren», sagt die Frau scharf zu ihrem Begleiter. «Jeder andere hätte hier ein Auge zugedrückt, aber die nicht.» Die Stimmung ist angespannt. Die Kontrolleurin beschliesst, der Frau einen Block zu geben, damit sie ihre Angaben selbst ausfüllen kann.
«Wir atmen jetzt alle kurz durch, ich komme später zurück», sagt sie und kontrolliert die anderen Passagierinnen und Passagiere. Währenddessen schimpft die Frau unentwegt weiter. Die Fahrgäste um sie herum beginnen, sich zu ärgern.
Hast du schon einmal erlebt, wie im Zug eine Billett-Kontrolle eskalierte?
Ein älterer Mann, der in der Nähe sitzt, seufzt genervt und macht eine Bemerkung über ihr Verhalten. Als sie das hört, schreit die Frau: «Wenn noch einmal einer so dumm schnauft, schlage ich zu!»
Zoff artet in Handgemenge aus
Im Zug sitzt auch Nau.ch-Leserin Bettina Kunz*. Kurz, nachdem er in Burgdorf gehalten hatte, hört sie plötzlich lautes Geschrei. «Das Wort ‹B***h› fiel mehrmals», erzählt sie.
Kunz bekommt mit, wie die Kontrolleurin zu einer anderen Mitarbeiterin sagt: «Wir brauchen die Kantonspolizei.»
Kurz darauf kommt ein sichtlich aufgebrachter Mann aus der Richtung des Geschreis und setzt sich in die Nähe. Ihm folgt die aufgebrachte Passagierin ohne Billett – offenbar hatte er sich nach ihrem Geschimpfe mit ihr angelegt.
«Du nennst mich sicher nicht eine B***h!», schreit sie. Die beiden pöbeln sich an, sie wird handgreiflich, er schliesslich auch. «Ich bin eine Frau, du darfst mich nicht schlagen», ruft sie mehrmals.
Die Leserin berichtet: «So viel ich gesehen habe, haben sie sich nicht geschlagen. Aber sie rissen sich an den Kleidern und rangelten miteinander.»
Kapo wartet am Bahnhof Langenthal auf renitente Passagierin
Kunz bekommt mit, wie eine der Kontrolleurinnen telefoniert – «sie rief wohl die Polizei». Tatsächlich: Isabelle Wüthrich von der Kapo Bern bestätigt den Streit gegenüber Nau.ch.
Ein paar Minuten vor 12 Uhr habe die Polizei die Meldung erhalten, dass eine Frau am Randalieren sei. Wenig später sollte der Zug in Langenthal anhalten. «Eine Patrouille konnte die Frau anschliessend am Bahnhof Langenthal kontrollieren und die Personalien aller Involvierten aufnehmen.»
Wie verhältst du dich, wenn sich jemand im Zug daneben aufführt?
Aktuell seien Abklärungen im Gang, ein Strafantrag sei bislang nicht gestellt worden. Auch die Südostbahn bestätigt den Zwischenfall auf Anfrage. «Unser Zugpersonal hat die Polizei verständigt», sagt Sprecher Conradin Knabenhans.
Er betont, dass Sicherheit für die SOB «oberste Priorität» habe. Das Kundenbegleitpersonal werde entsprechend sensibilisiert und geschult.
«Negatives Verhalten» hat zugenommen
Was hier passiert ist, ist kein Einzelfall: Michael Spahr, Sprecher der ÖV-Personal-Gewerkschaft SEV erklärte kürzlich bei Nau.ch: «Unsere Mitglieder beklagen sich darüber, dass negatives Verhalten allgemein zugenommen hat.»
Das ist zwar bereits bekannt. Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigten beim ÖV-Fehlverhalten 2021, also während Corona, einen Höhepunkt.
Aber: «Die subjektive Wahrnehmung des Personals ist, dass es sich kaum verbessert hat. Stattdessen hat es sich auf hohem Niveau eingependelt.» Viele würden Vorfälle nicht mehr melden, aus Ernüchterung. «Weil sie denken, es wird eh nichts dagegen unternommen.»
Die SBB betonte auf Anfrage, dass die gesamtschweizerische Sicherheitslage in ihren Zügen und Bahnhöfen stabil sei.
*Name von der Redaktion geändert