Boom bei Migros und Coop: Aber Flüssigmenüs können gefährlich sein

Es gibt sie in immer mehr Geschmacksrichtungen und von immer mehr Herstellern: Flüssigmahlzeiten. Bei Migros und Coop sind die Regale seit ein paar Monaten voll davon. Beide sagen, die Nachfrage sei zuletzt gestiegen. Bei Coop «stark», bei der Migros «stetig».

Das Versprechen der Flüssigmenüs: Eine ausgewogene Mahlzeit in der Flasche, die einen mehrere Stunden satt hält und auch noch super gesund ist.

Klingt verlockend – in Fachkreisen zeigt man sich aber wenig beeindruckt.

2023 hat die Lebensmittelorganisation Foodwatch die «This is Food»-Trinkmahlzeit von Yfood für den goldenen Windbeutel nominiert. Dabei handelt es sich um die «Auszeichnung» für die dreisteste Werbelüge des Jahres.

Das Fazit: Die Trinkmahlzeit werde «als gesund, ausgewogen und vollwertig beworben». Aber: «Tatsächlich handelt es sich schlicht um Milch mit Wasser und ein paar zugesetzten Vitaminen, Mineralien und Süssstoff.»

Auch eine Ernährungsexpertin hält nicht viel von solchen Produkten. Petra Martel von der Praxis für Ernährungsberatung Blumenfeld in Zuchwil SO stellt klar: «Mahlzeitenersatz geht in Richtung Diät, und Diäten taugen in der Regel nichts.»

Die Flüssigmenüs seien zudem «sehr teuer» – «besonders jene von ‹Perfect You›». Die Marke wird neben Yfood ebenfalls bei Migros und Coop verkauft.

Eine Flasche «Perfect Meal» (Deutsch: «Perfekte Mahlzeit») kostet bei Coop 5.45 Franken, eine Flasche «This is Food» 4.95 – die vegane Version gar 5.50.

Auch der Luzerner Milchkonzern Emmi mischt mit: Im März hat er die Trinkmahlzeit «I'm your Meal» (Deutsch: «Ich bin deine Mahlzeit») lanciert. Die gibt es bei Migros und Coop für stolze 4.95 Franken zu kaufen.

Die Expertin kritisiert: «Grundsätzlich wird in Sachen Ernährung viel Geld gemacht mit Produkten, die es eigentlich nicht braucht.» Es würde suggeriert, dass eine ausgewogene Ernährung aufwendig ist.

Dabei müsse das überhaupt nicht der Fall sein. «Ein Sandwich, ergänzt mit einer Frucht oder einem Salat, ist zum Beispiel bereits eine ausgewogene Mahlzeit.»

Ein weiterer Kritikpunkt: Den Drinks werden Mikronährstoffe zugesetzt. Zum Beispiel Eisen, Magnesium und diverse Vitamine.

«Das müsste sicher berücksichtigt werden, damit es zu keiner Hypervitaminose kommt», warnt Martel. «Gerade, wenn mehrere angereicherte Produkte regelmässig und daneben vielleicht noch Supplemente eingesetzt werden.»

Bei der Hypervitaminose handelt es sich um eine Überversorgung mit Vitaminen. Dabei treten Vergiftungssymptome auf, die im allerschlimmsten Fall bis zum Tod führen können.

Zudem seien die Trinkmahlzeiten hochverarbeitet. «Man kann auch einfach natürliche und regionale Lebensmittel essen.»

Und was sagen Migros und Coop dazu? Migros-Sprecher Thomas Gmünder meint: «Es gibt keine verbotenen Lebensmittel. Es spricht nichts dagegen, sie im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung gelegentlich zu konsumieren.»

Ähnlich klingt es bei Coop. Dass es zu einer Vitaminüberversorgung kommen könnte, bezweifelt der Detailhändler zudem: Die Zugabe von Vitaminen und Mineralstoffen sei in der Schweiz streng geregelt.