Bundesgericht ändert Invalidenversicherung bei Sucht
Das Schweizerische Bundesgericht ändert seine Praxis bei der Invalidenversicherung bei Suchterkrankungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesgericht hat seine Praxis bei Invalidenrenten bei Suchterkrankungen geändert.
- Nun gilt dasselbe Vorgehen, wie bei psychischen Erkrankungen.
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung für die Beurteilung des Anspruchs auf eine Invalidenversicherung bei Suchterkrankungen geändert. Damit wird bei Suchterkrankungen zukünftig so vorgegangen, wie dies bereits bei psychischen Erkrankungen der Fall ist.
Neu muss mit einem strukturierten Verfahren geklärt werden, ob die Suchtmittelabhängigkeit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit hat. Dies hat die zweite sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in Luzern in einem am Montag veröffentlichten Urteil entschieden.
Im Einzelfall muss demnach aufgrund objektiver Massstäbe beurteilt werden: Ob die betroffene Person trotz des diagnostizierten Leidens ganz oder teilweise einer Arbeit nachgehen kann.
Bisher wurde bei einem sogenannten Abhängigkeitssyndrom eine Invalidenversicherung rechtliche Relevanz abgesprochen. Eine Suchterkrankung begründete nur dann einen Anspruch auf eine IV-Leistung: Wenn sie in eine Krankheit oder in einen Unfall mündete oder wenn die Sucht Folge einer Krankheit war.
Grundsätzlich sei man bisher davon ausgegangen, dass die jeweilige Person ihren Zustand selbst verschuldet habe, schreibt das Bundesgericht. Ausserdem nahm man an, eine Abhängigkeit könne immer durch Entzug aufgehoben werden.
Schweizerisches Bundesgericht ändert Invalidenversicherung wegen Erkenntnissen
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung auf der Basis medizinischer Erkenntnisse geändert. Aus medizinischer Sicht sei eine Sucht eine Krankheit. Deshalb dränge sich die gleiche Sichtweise wie bei psychischen Erkrankungen auf.
Die Richter in Luzern weisen in ihrem Urteil darauf hin, dass die versicherte Person eine Pflicht zur Schadensminderung habe. Deshalb könne von ihr die aktive Teilnahme an einer zumutbaren, medizinischen Behandlung verlangt werden. Weigere sich ein Betroffener, könne eine Rente gekürzt oder gestrichen werden werden.
In konkreten Fall hat das Bundesgericht die Beschwerde eines benzodiazepin- und opioidabhängigen Mannes gutgeheissen. Er hatte vergeblich eine IV-Rente beantragt.
Seine 50-prozentige Arbeitsfähigkeit im geschätzten Bereich soll mit der Weiterführung der Therapie schrittweise erhöht werden. Die nun zugesprochene Rente soll zu gegebener Zeit überprüft werden.