Bundesstrafgericht: Kündigung der Generalsekretärin empfohlen
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona musste sich letzten Winter einige Kritik gefallen lassen. Die Aufsicht empfiehlt jetzt personelle Konsequenzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Letzten Winter berichteten Medien über Missstände am Bundesstrafgericht in Bellinzona.
- Nun liegen die Ergebnisse der Aufsicht vor, es werden personelle Konsequenzen empfohlen.
Das Bundesstrafgericht in Bellinzona geriet vergangenes Jahr wegen verschiedener Medienberichte in ein schlechtes Licht. Dabei ging es etwa um arbeitsscheue Richter, Spesenexzesse, Sexismus und Mobbing.
Die Verwaltungskommission des Bundesgerichts startete deshalb im Januar ein aufsichtsrechtliches Verfahren. Die Ergebnisse liegen nun vor – und der am Montag veröffentlichte Bericht enthält einige happige Schlussfolgerungen und Empfehlungen.
Die Kommission schlägt dem Plenum des Bundesstrafgerichts etwa vor, die amtierende Generalsekretärin zu entlassen. Im Aufsichtsbericht heisst es, sie sei ihrer Funktion nicht gewachsen.
Demnach habe sie etwa die an sie herangetragenen Vorwürfe seit Jahren nicht korrekt behandelt. Zudem bestünden Probleme mit Richtern und Richterinnen.
2018 wurde demnach ein Disziplinarverfahren gegen die Generalsekretärin eingestellt. Zusammenfassend hält die Verwaltungskommission fest, «am Bundesgericht wäre eine Generalsekretärin ihres Schlages undenkbar».
Kein Mobbing am Bundesstrafgericht
Bezüglich der Richterin und früheren Präsidentin der Berufungskammer schreibt die Verwaltungskommission: Diese habe ihren Pflichten eindeutig nicht genügt. Die Kommission behält sich gar eine «Meldung betreffend ihrer Wiederwahl» an die zuständige Gerichtskommission vor.
In den meisten Punkten hat die Aufsicht jedoch nur wenig am Bundesstrafgericht zu bemängeln. Demnach seien etwa die in den Medien diskutierten Nebentätigkeiten gewisser Richterinnen und Richter nicht zu beanstanden.
Auch der Vorwurf, sie seien arbeitsscheu, hält laut dem Bericht nicht stand. Es gebe zudem nicht genügend Hinweise für Missbräuche bei Spesen oder dem Vorwurf des Mobbings von italienischsprechenden Mitarbeitern.
Bezüglich Sexismus ist die Aufsicht zum Schluss gekommen, dass es keine Hinweise auf Fälle sexueller Belästigung gegeben habe. Als einzigen Vorfall nennt der Bericht eine Äusserung des Präsidenten der Strafkammer gegenüber einer Gerichtsschreiberin.
Er soll gesagt haben, «nicht schwanger zu werden», weil die Arbeitslast am Gericht momentan sehr hoch sei. Für diese Aussage hatte er sich danach aber entschuldigt, was die betroffene Frau auch angenommen habe.
Richter mit rauem Umgangston
Unbestritten ist nach Ansicht der Kommission aber der Vorwurf eines rauen Umgangstons am Bundesstrafgericht. «Als bewiesen anzunehmen ist, dass sich einige Bundesstrafrichter bei Meinungsverschiedenheiten mit Untergebenen in Stil und Tonlage vergreifen.»
Dabei würden insbesondere die kulturellen Eigenheiten der Tessinerinnen und Tessiner nicht immer in genügender Weise berücksichtigt werden, heisst es weiter.
Die Aufsicht ersucht die Richterinnen und Richter denn auch, sämtliche Kolleginnen und Mitarbeiter «mit Anstand, Höflichkeit und Respekt» zu behandeln.
Es ist eine von insgesamt acht Massnahmen, welche die Aufsicht am Ende ihres Berichts vorschlägt. Eine weitere: Richtern sollten für die Teilnahme an politischen Anlässen ihrer Partei oder Vorbereitungskursen für den Ruhestand keine Spesen gezahlt werden.