Bürgerliche Parteien in Genf laut Politologe gespaltener denn je
Nach der Ersatzwahl für Pierre Maudet haben die Rechten in Genf ihre Mehrheit verloren. Politologe Pascal Sciarini sieht eine tief gespaltene FDP.
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Rechte hat in Genf nach der Ersatzwahl für Pierre Maudet ihre Mehrheit verloren.
- Pascal Sciarini sieht eine tief gespaltene Rechte.
- Der Politologe prognostiziert ausserdem eine Rückkehr Maudets.
Die Rechte ist im Kanton Genf das grosse Opfer bei den Ersatzwahlen in den Genfer Staatsrat: Die Grüne Fabienne Fischer schlug den ehemaligen FDP-Regierungsrat Pierre Maudet. Damit verlor die Rechte nicht nur die Mehrheit in der Regierung, sondern geht tief gespalten daraus hervor.
Die Rechte sei in Genf zersplitterter denn je, hielt der Politologe Pascal Sciarini am Montag im Gespräch mit Keystone-SDA fest. Die Einheit zwischen der FDP und der CVP sei auf einem Tiefpunkt. Auf der anderen Seite drängten die Grünliberalen nach vorn, um einen Platz im politischen Spektrum zu finden. Die SVP wiederum kämpfe dafür, aus der Isolation herauszukommen – vorläufig ohne Erfolg.
Maudet-Affäre hinterlässt Spuren
Innerhalb der FDP selbst habe die Maudet-Affäre ihre Spuren hinterlassen, unterstreicht Sciarini. Die grösste politische Partei im Kanton erscheine sehr geschwächt und ihre Basis sei gespalten. Die Partei müsse sich nun schnell zusammenreissen, wenn sie die in zwei Jahren bevorstehenden Kantonswahlen beeinflussen wolle.
Die Nichtwahl von Maudet habe eine institutionelle Krise verhindert. Doch dies bedeute nicht, dass das Kapitel abgeschlossen sei.
«Was wird er tun? Der Mann will offensichtlich in der Politik bleiben. Wird er seine eigene Partei gründen, woanders neu starten?», fragt sich Sciarini.
Maudet habe mit seinem zweiten Platz am Sonntag eine mehr als achtbares Resultat erzielt. Ein solches Ergebnis habe er nicht erwartet, räumt der Politologe ein. Maudet geniesse immer noch Unterstützung und habe eine ziemlich populistische Wahlkampagne geführt, die ihre Wirkung gezeigt habe.
Politologe erwartet Maudet-Comeback
Er wäre erstaunt, so Sciarini, wenn Maudet die Politik aufgeben würde. Denn für diese habe er bis heute gelebt. Bis zu den Gesamterneuerungswahlen 2023 werde der ehemalige Staatsrat mindestens noch einmal von sich reden machen, nämlich vor Gericht.
Im Berufungsverfahren werde er versuchen, vom Vorwurf der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit der Luxus-Reise nach Abu Dhabi freigesprochen zu werden. In erster Instanz wurde er dafür zu einer mehrmonatigen Geldstrafe auf Bewährung verurteilt.