Coronavirus: Clubbetreiber wollen App-Pflicht für Partygäste
Das Wichtigste in Kürze
- Corona-Ausbrüche im Zusammenhang mit dem Party-Leben sorgen in der Schweiz für Furore.
- Dabei zeigt sich: Das Contact-Tracing bei den Nachtschwärmern ist nicht ganz einfach.
- Nun wollen Lokal-Betreiber den Behörden offenbar eine Corona-App-Pflicht vorschlagen.
Bar- und Club-Besuche werden in der Schweiz allmählich zum Corona-Problem. Angefangen hatte alles mit einem Corona-Kranken, der sich am 21. Juni ins Zürcher Nachtleben stürzte. Die Konsequenz: Fünf seiner mit ihm feiernden Freunde wurden positiv getestet und 300 Besucher des «Flamingo» müssen in Quarantäne.
Am Montag die nächste Hiobsbotschaft: Im Kanton Aargau haben sich in der Tesla-Bar in Spreitenbach 20 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Am Abend der Infizierung befanden sich etwa 100 Menschen in der Bar.
Nach Abklärungen der Infektionskette stellte sich heraus, dass der «Corona-Gau» im Aargau mit dem «Superspreader-Event» in Zürich zusammenhängt.
Ebenfalls am Montag wurde zudem in Graubünden ein Corona-Hotspot entdeckt. Zehn junge Männer, die in Serbiens Hauptstadt Belgrad feierten, kehrten mit dem Virus nach Hause zurück.
Contact-Tracing im Nachtleben schwierig
Im Kanton Aargau sind die Behörden zurzeit noch damit beschäftigt alle Kontaktpersonen der 20 Infizierten zu eruieren. Die 100 Gäste, die sich an dem betroffenen Abend in der Bar befanden, sind in Quarantäne-Abklärung.
Die Aargauer Kantonsärztin Yvonne Hummel hat in einem Interview mit «20 Minuten» erwähnt, dass die Kontakt-Liste der Tesla-Bar «sorgfältig ausgefüllt» worden sei.
Bei den zwei anderen Fällen stellte sich das Contact-Tracing für die Behörden hingegen als umständlicher heraus. Laut der Zürcher Kantonsärztin Christiane Meier hatten Party-Gänger gegenüber dem «Flamingo» viele falsche E-Mail-Adressen angegeben. Zudem seien die Kontaktermittler bei ihrer Nachforschungsarbeit sogar beschimpft worden.
Clubs wollen Corona-App-Pflicht
Die Gesundheitsverantwortlichen im Kanton Graubünden machten zudem Probleme bei der Kooperation mit den betroffenen Männern aus. Offenbar waren einige von ihnen mit bedeutend mehr Personen in Kontakt, als sie ursprünglich angegeben hatten.
Die Party-Tempel – besonders in Zürich – dürften also gewarnt sein. Dazu äussern will sich aber niemand: Mehrere Clubbetreiber verwiesen auf Anfrage von Nau.ch an die Bar & Club Kommission Zürich.
Diese will erst am Mittwoch kommunizieren. Vertreterinnen und Vertreter der Kommission treffen sich nämlich am Dienstagabend mit der Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli zum Krisengespräch.
Laut Recherchen der SRF-Sendung «10vor10» werden sie der SVP-Politikerin vorschlagen, dass Party-Gäste die Corona-Tracing-App des Bundes herunterladen müssen. Ansonsten gibt es keinen Einlass.
Die Argumente der Club-Betreiber seien: Ansteckungen werden zurückverfolgbar und wer nicht in Quarantäne will, wird sich auch eher an die Hygiene-Regeln halten.
Experten befürworten ID-Pflicht
Eine Corona-App-Pflicht wäre laut Experte Marcel Salathé aber der falsche Ansatz. Gegenüber «SRF» bezeichnete er die App als «Zusatz zum klassischen Contact-Tracing». Dieses müsse erst einmal richtig funktionieren, «dann kann die App dazu etwas helfen».
Ausserdem wäre die Einführung eine Corona-App-Pflicht gemäss dem Epidemiologen der ETH Lausanne gesetzlich gar nicht möglich. «Der Artikel 60a des Epidemiengesetzes verhindert, dass man aufgrund des Benutzens dieser App diskriminieren kann.»
Als mögliche Massnahme sieht Salathé hingegen die ID-Pflicht. Ins gleiche Horn bläst auch Berufs-Kollege Marcel Tanner der gestern gegenüber Nau.ch sagte: «Eine ID-Pflicht würde Sinn ergeben, da die Leute sich dann wirklich verpflichtet fühlen ihre richtigen Kontaktdaten anzugeben».