Coronavirus: Dieser Cocktail macht BAG und Taskforce nervös
Viele Neuinfektionen mit dem Coronavirus, Spitäler gelangen an ihre Grenzen und keine Entspannung in Sicht: BAG und Task Force blicken nervös auf die Feiertage.
Das Wichtigste in Kürze
- Aus Sicht der Task Force sind weitergehende Massnahmen gegen das Coronavirus nötig.
- Die bereits sehr hohen Zahlen lassen keinen Raum für einen weiteren Anstieg.
- Die Spitäler sind bereits stark ausgelastet und das Personal seit Monaten an der Grenze.
Die Vertreter des BAG und der Task Force zeigten sich am Dienstag an der Pressekonferenz sichtlich nervös. Sie präsentierten viele Zahlen und Fakten zur aktuellen Lage rund um das Coronavirus.
Das Gesamtbild und die ungewöhnlich offene und direkte Kommunikation des BAG zeigt deutlich: Die Lage ist sehr ernst. Die aktuelle Konstellation ergibt ein besonders explosiver Cocktail.
Aus Sicht der Task Force sind weitergehende Massnahmen gegen das Coronavirus nötig. Die seit letzten Freitag vom Bundesrat eingeführten Regeln reichten aus wissenschaftlicher Sicht nicht aus, um die Pandemie zu bewältigen. Dies zeigten die Erfahrungen aus der Romandie wie auch aus anderen Ländern deutlich.
Martin Ackermann, Leiter der Task Force, stellte am Dienstag deshalb am Point de Presse klar: «Um die Neuansteckungen drastisch zu senken, braucht es umfassende, schweizweite Massnahmen. Diese sollten möglichst schnell eingeführt werden.»
Konkret hiesse das: Nationaler Lockdown wie im Frühling oder wie in Genf Anfang November.
«Eine Verdoppelung wäre nun verheerend»
Aktuell stecken sich im Schnitt rund 4000 Personen pro Tag an. Das letzte Mal war am 25. Oktober der 7-Tage-Schnitt vergleichbar hoch. Damals wie heute stieg die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus exponentiell.
Jetzt haben wir aber eine ganz andere Situation, warnt Ackermann in der SRF-Sendung «10vor10»: «Jetzt haben wir schon ganz hohe Fallzahlen. Wenn jetzt eine Verdoppelung passiert, wäre das verheerend.»
Die Reproduktionszahl, die angibt wie viele Personen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt, liegt aktuell bei 1,13. Dies bedeutet eine Verdoppelung der Fälle in weniger als vier Wochen.
Um die Zahlen nachhaltig zu senken, muss der Wert gemäss der Task Force unter 0,8 gebracht und gehalten werden. «Der R-Wert zeigt momentan nur in eine besorgniserregende Richtung – nämlich nach oben», warnt Ackermann.
Spitäler wegen Coronavirus an den Grenzen – Personal darüber hinaus
«Wir können uns weder eine Stagnation leisten geschweige denn einen erneuten Anstieg der Fallzahlen.» Auch stellte Ackermann am Point de Presse klar: «Es sterben zu viele Menschen jeden Tag am Virus.»
Anders als zu Beginn der ersten oder auch der zweiten Welle sind die Kapazitäten in den Spitälern fast erschöpft. Schweizweit sind etwa 80 Prozent der Intensivstation-Betten besetzt. In verschiedenen Spitälern mussten bereits Operationen verschoben werden. Zusätzliche Notfälle, wie etwa nach Ski-Unfällen, könnten die Spitäler leicht überlasten.
Bereits überlastet ist hingegen seit Monaten das Personal. Der Verband des Pflegepersonals warnt, dass viele Pflegende bereits am Ende ihrer Kräfte angelangt sind. Der aktuelle Zustand könne nicht über Wochen oder sogar Monate durchgehalten werden.
Feiertage vor der Tür – nicht nur Grund zur Freude
Nächste Woche steht bereits Weihnachten an. Es sind genau die Feiertage, die den Epidemiologen grosse Sorgen bereiten.
Ein beträchtlicher Teil der Infektionen mit dem Coronavirus geschehen im familiären Umfeld. Bei einem Familienfest sich den ganzen Abend strikt an die Massnahmen zu halten, ist praktisch unmöglich. Hinzu kommt noch die gesteigerte Mobilität, um das Fest der Liebe mit Familie und Freunden zu verbringen. Giftig ist auch die Vermischung von verschiedenen Haushalten.
Wie gefährlich diese Mischung ist, konnte im grossen Massstab bereits in den USA beobachtet werden. Ende November reisten Millionen Amerikaner durchs Land, um mit ihren Familien Thanksgiving zu feiern. Zwei Wochen später erreichte die Zahl an Corona-Toten mit 3000 einen neuen Höchststand.